1. Contents

          Inhaltsverzeichnis

          I.  DIY-Bio: Grundrechtliche Überlegungen

          A.           Zwischen Forschungsfreiheit und staatlichen Schutzpflichten

          Die Märzrevolution von 1848[1] ebnete zunächst über die Karlsbader Beschlüssen den Weg der Forschungsfreiheit zum akademischen Grundrecht,[2] wobei die Ausweitung auf alle Staatsbürgerinnen des K&K-Österreich erst mit Art 17 StGG 1867[3] als „staatsgrundgesetzlich gewährleistetes politisches Recht iSd Rsp des k. k. Reichsgerichtes“ [4] erfolgt war.

          Die sekundärrechtliche Basis der gentechnischen und biotechnologischen Forschung liefern ErwG 21 zur FRL und § 1 Abs 2 GTG erfolgt ist.

          ErwG 21 FRL

          „Die Mitgliedstaaten und die Kommission sollten sicherstellen, dass eine systematische und unabhängige Forschung in Bezug auf die potentiellen Risiken durchgeführt wird, die mit der absichtlichen Freisetzung oder dem Inverkehrbringen von GVO verbunden sind. Für diese Forschungsarbeiten sollten von den Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft nach ihren jeweiligen Haushaltsverfahren die erforderlichen Ressourcen bereitgestellt werden, und die unabhängigen Forscher sollten Zugang zu allem relevanten Material erhalten, wobei jedoch die Rechte des geistigen Eigentums zu beachten sind.“.

          • 1 Abs 2 GTG

          „Ziel dieses Bundesgesetzes ist es, die Anwendungen der Gentechnik zum Wohle des Menschen durch Festlegung eines rechtlichen Rahmens für deren Erforschung, Entwicklung und Nutzung zu fördern.“.

          Die DIY-Bio-Szene wird medial noch stiefmütterlich behandelt, was der Bedeutung des neuen innovativen Forschungszweigs nicht gerecht wird. Der Fortgang der iimt-disziplinären BSN-Wissenschaften ist unaufhaltbar und doch nimmt sie niemand wahr. Aufgrund der Unkontrollierbarkeit der globalen DIY-Bio-Publikationen, die notfalls auch im Darknet erfolgen, macht es keinen Sinn gesondert auf etwaige staatliche Zensurmaßnahmen einzugehen. Wer eine Anleitung zur Biowaffenproduktion finden will, spürt diese auch in digitalisierter Form auf.

          Die DIY-Bio-Szene kann nicht einmal ansatzweise mit der öffentlichen Präsenz von Akademien, Wissenschaftsinstituten und Universitäten mithalten. Die Errungenschaften der DIY-Biologen sind noch weitgehend unbekannt. Setzt man die staatlichen Aufwendungen und Förderungen für die »common science«, deren Resultate der Großindustrie zukommen, ins Verhältnis zu den wissenschaftlichen Errungenschaften und Ergebnissen und stellt das Leistungsverhältnis der DIY-Bio als »open science« oa »citizen science« daneben, die der Menschheit zugutekommen, so ist dies nicht nur aus volksökonomischer Sicht bedenklich, sondern va eine im Wesentlichen ungleiche Behandlungen zweier Forschungstriebwagen, die in dieselbe Richtung drängen.

          Nachfolgend sollen Überlegungen hins der Grenzen der Forschungsfreiheit angestellt werden, wobei als Teil der DIY-Bio-Forschung auch die experimentelle Entwicklung einzubeziehen ist. Da die DIY-Bio durchaus auch als Kunstform iSd Art 17a StGG zu sehen ist, da der Kunstbegriff sehr offen verfasst ist, sind die nachfolgenden Überlegungen sinngemäß auf für die Kunstfreiheit mitzulesen.

          Zahlreiche Schutzgesetze schränken die Forschungsfreiheit bereits de lege lata ein. IaR kommt hier der Staat seinen Schutzpflichten ggü der Gesundheit von Menschen, aber auch ggü der Umwelt nach. Ob er dies auch muss, steht auf einem anderen Blatt.

          Inwieweit der Gesetzgeber mit Schutzgesetzen in die in die Forschungsfreiheit eingreifen darf, ist an Art 17 StGG und an Art 10 EMRK (Meinungsfreiheit) sowie an Art 13 GRC (Kunst- und Forschungsfreiheit) zu messen. Art 17 StGG enthält die für den Untersuchungsrahmen relevante „Freiheit der Forschung“ aber auch die „Freiheit der Lehre“.[5]

          Art 13 GRC Satz 2 „achtet die akademische Freiheit“ und seit dem Jahre 2008 sind österr Universitäten „Stätten freier wissenschaftlicher Forschung“ (Art 81c B-VG). Hier wird die Unterscheidung zw der »common science« und der »open citizen science« zu treffen sein.

          Nach österr Verfassungsrecht ist Art 17 Satz 1 StGG, der als Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit gilt, zweigeteilt. Einerseits ist die Forschungstätigkeit als subjektives Recht garantiert und andererseits wird die Lehre freigestellt. Die wissenschaftliche Lehre beruht auf dem Recht der „Freiheit auf Meinungsäußerung“.[6] Die Verfassungsbestimmung des Art 81c B-VG konkretisiert die universitäre Wissenschaftsfreiheit; sie nennt explizit die freie wissenschaftliche Forschung, Lehre einschließlich der Künste an öffentlichen Universitäten. Die Autonomiebestimmung richtet sich somit nicht an Privatuniversitäten oder sonstige private Bildungs- und Forschungseinrichtungen, wie es etwa Biohackerspaces sind.

          Die Forschungsfreiheit selbst, die auch DIY-Biologinnen zugutekommt, stellt den Forschungsprozess an sich frei. Der Bürger ist demnach in der Wahl der Methoden zur Erkenntnisgewinnung grds ungebunden.[7]

          Der Wissenschaftsbegriff enthält einen offenen Schutzbereich und garantiert jedermann wissenschaftlich zu forschen aber auch zu lehren.[8] Das garantierte Grundrecht richtet sich gg intentionale Eingriffe des Staates; eine Drittwirkung der Forschungsfreiheit besteht gerade nicht.[9] Selbst eine „mittelbare Drittwirkung“[10] ist nach hL und nach Auffassung des VfGH[11] ausgeschlossen.

          Art 17 StGG ist ein absolut garantiertes Grundrecht und unterliegt daher keinem Gesetzesvorbehalt. Das bedeutet für die DIY-Bio, dass der Staat weder „direkt“ noch „intentional“[12] gg die DIY-Bio-Wissenschaftsfreiheit vorgehen kann. Somit lässt sich als Zwischenfazit eine grds Melde- oder Genehmigungsfreiheit exzerpieren, wobei „allgemeine Gesetze“[13] oder besondere Schutzgesetze, wie das GTG, „immanente Grundrechtsschranken“[14] bilden, die dem Verhältnismäßigkeitsgebot[15] und Übermaßverbot ggü anderer Rechts- und Schutzgüter unterliegen.[16]

          Der Schutz der DIY-Bio-Forschung ist demnach ein subjektiver Schutz vor unverhältnismäßigen Einschränkungen der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit des Staates, der seinerseits zw der unverhältnismäßigen Eingriffsbeschränkung der verfassungsrechtlich garantierten Freiheit und der grundrechtlich gebotenen Schutzpflicht Dritter balancieren muss. Aufgrund der vielen Abwägungsfaktoren und der iimt-disziplinäre ausgerichteten DIY-Bio lässt sich keine scharfe Trennlinie ziehen, viel mehr umschließt jedes durch die DIY-Bio tangierte Grundrecht ein geschützter Vorhof, das der demokratisch legitimierte Gesetzgeber beim Entwurf von neuen Schutzgesetzen konzeptionell zu berücksichtigen hat. Die Ambivalenz[17] von allgemeiner öffentlicher Sicherheit und individueller Freiheit ist aber nicht als Widerspruch aufzufassen, sondern als bewegliches Spannungsverhältnis zu sehen. Fakt ist, dass die persönliche Freiheit der „Würde des Menschen“ als höchstes Gut entspringt, die zwar keine explizite Erwähnung in der österr Verfassung findet, aber nhL der Gesamtverfassung zu entnehmen ist und in der Art 1 GRC[18] (Rechtsakt des Europarats) als übergeordnetes »Primärrecht« verankert ist.[19] Die individuellen Freiheitsrechte müssen an einen entsprechendes Schutz vor Gefahren und Risiken gebunden sein ohne zugleich einem physischen und/oder psychischem Zwang ausgesetzt zu sein. Die Gewährleistung der individuellen Sicherheit ist vice versa keine Prämisse für die Ausübung von Freiheitsrechten.

          Mit Fokus auf neuen Formen des global betriebenen Biohacking ist fraglich, unter welchen Kautelen und Bedingungen und in welchem Ausmaß der Staat in die Forschungsfreiheit von DIY-Biologen eingreifen darf. Sofern es um die Abwehr terroristischer Akte geht, die dem Biocracking und nicht dem Biohacking zuzuordnen sind, werden Eingriffe im öffentlichen Interesse gelegen sein. Diese intentionalen Einschränkungen nur auf Bioterror einzuengen, ist selbst unter Nutzung der modernsten Überwachungstechnologien unmöglich. Dieser Sicherheitsaspekt kann im vorliegenden Untersuchungsrahmen offenbleiben. Sofern Vergleiche zu ziehen sind, wir im Verlauf der Arbeit auch auf Zusammenhänge mit Bioterror und Biocracking hingewiesen.

          Hier interessieren va die sog „verfassungsimmanenten Schranken“, die konkret zu beleuchten sind. Es geht in der Sache nicht um DIY-Bio-spezifische Gefährdungs- und das Risikoszenarien, die herauszuarbeiten sind. Die momentane Beschränkung der DIY-Bio-Verfahren wird nach und nach fallen, weshalb – insb unter dem Kommerzialisierungsaspekt neuer BSN – davon auszugehen ist, dass bereits in naher Zukunft auch Privatlaboratorien tief in die BSN-Materie eintauchen werden. Aus diesem Grund ist zw der risikoarmen und vom Gros der Biohacker beherrschbaren »Kleinen Grünen DIY-Bio« und der bedingt gefährlichen »Großen Grünen DIY-Bio« zu differenzieren.

          Der hier untersuchte Personenkreis der DIY-Biologinnen wird kaum Anlass geben, die Forschungsfreiheit in verfassungskonformer Weise zu begrenzen.

          Davon ausgehend, dass dem Staat dennoch eine präventive Schutzpflicht zukommt, drängen sich zwei zentrale Fragen auf, die es zu beantworten gilt. Wann verdichten sich die iimt-disziplinär bedingten Schutzpflichten derart, dass der Staat reagieren muss? Besteht ein subjektiver Rechtsanspruch auf ein BSN-Schutzgesetz?

          1.            Schranken der DIY-Bio-Forschungsfreiheit

          Die DIY-Bio konfrontiert Staat und Gesellschaft mit einem ähnlichen, wie dem gerade beschriebenen Szenario, wobei sich die Frage nach der Wissenschaftsfreiheit nicht nur disziplinär neu stellt, sondern auch in ihrem Wirkungsbereich neu zu bewerten sein muss. Insb die Bewusstwerdung der neuen einschlägigen Gefahren eine zentrale Voraussetzung der Einschätzung von Forschungsrisiken. Anders als in den USA oder auch in D besteht wird Ö die DIY-Bio-Problematik noch nicht erkannt. Dabei geht es nicht einmal um die Beherrschbarkeit oder Einsatzmöglichkeit der »Kleinen Grünen DIY-Bio«, sondern um die Vorbeugung des Rechtsmissbrauchs, der international noch nicht erkannt worden ist. Man kann die DIY-Bio weder gesetzlich regulieren noch kontrollieren, weil einerseits Individualgrundrechte wie etwa nach Art 8 EMRK[20] dagegenstehen und andererseits der Staat nicht einmal dann dem Treiben der DIY-Biologinnen ein Ende setzen könnte, wenn er die DIY-Bio-Szene lokalisieren könnte. Wenn also der DIY-Bio-Forschung nur zahnlose Gesetzesschranken entgegenzuhalten sind, ist der Weg für unternehmerischen Trittbrettfahrten geebnet.

          Eine elitäre protektionistische Beanspruchung der Wissenschaftsfreiheit durch einen rein akademischen Personenkreis ist aus grund- und verfassungsrechtlicher Sicht unzeitgemäß und nicht haltbar. Der wissenschaftliche Pfad der »citizen science community«, der schon die Software- und Computertechnologie vorangetrieben hat, schreibt auch im Bereich der BSN für bedeutende Forschungsergebnisse und Entwicklungen verantwortlich.

          Die DIY-Bio ist in fachspezifischen Bereichen durchaus mit der akademischen vergleichbar, da der Forschungsbereich ohne teure Ausrüstungen, Anlagen und Gerätschaften auskommt.

          Ein Vorbehalt der Wissenschaftsfreiheit für akademische Eliten lässt sich bereits aus Aspekten der Würde des Menschen nicht argumentieren. Die freie wissenschaftliche Forschung ist längst keine mehr, die ausschließlich iSd Art 81c B-VG (öffentlichen Universitäten) zu verstehen. Das bedeutet aber auch, dass die staatlichen Gewährleistungs- und positiven Schutzpflichten dementsprechend auszuweiten sein könnte. Eine Ausuferung der Wissenschaftsfreiheit zulasten der Allgemeinheit ist nicht zu befürchten, da deren Vorbehaltslosigkeit nicht synonym zu einer Schrankenlosigkeit zu verstehen ist, sondern va verfassungsimmanente Schranken das wissenschaftliche Spielfeld einengen und abgrenzen.[21]

          Sofern es um Aspekte der Reglementierung der Forschung an und/oder mit toxischen oder pathogenen Biostoffen geht, wird der rechtliche Aktionsradius staatlicher Schutzpflichten natürlich anders zu bewerten sein, als die etwa bei der Experimentalforschung unter Anwendung des CRISPR/Cas9-Systems der Fall ist.

          2.            Forschungsfreiheit als vorbehaltlose Gewährleistung?

          Die Wissenschafts- und Forschungsfreiheit steht also der staatlichen Eingriffsmöglichkeit entgegen. Die staatliche Einschränkungsoption ist durch den Freiheitsgedanken begrenzt, wonach nur die individuelle Forscherin imstande ist, frei und selbständig über ihre wissenschaftliche Forschungsmaterie und die angewandten BSN-Methoden bzw DIY-Bio-Verfahren zu entscheiden. Die freie Wissenschaft schützt, wie bereist angeführt, auch neue Wissenschaftsbereiche »out oft he box«. Auch die anvisierten oder offenen Forschungsergebnisse können nur der subjektiven Kreativität von DIY-Biologinnen als Forscherinnen entspringen. Die optimale Entwicklung und Erweiterung individuellen BSN-Know-hows wie auch der Ausbau der persönlichen DIY-Bio-Fähigkeiten sind letztlich auch die Grundlagen des zivilisatorischen Fortschritts.

          Art 17 StGG schützt und fördert somit auch die Entwicklung neuer wissenschaftlicher Verfahren und die Entdeckung neuer Prinzipien, der Erlangen uU sogar durch besondere Schutzgesetze aber auch durch allgemeine Gesetze be- bzw sogar verhindert wird.

          Gewährleistet ein nicht mehr zeitgemäßes Gesetz, wie gerade das GTG, die Forschungsfreiheit zu Unrecht nicht, wie dies unlängst durch das kontrafaktische Urteil des EuGH in der Rs C-52816 bestätigt wurde, dann nimmt sich der DIY-Bio-Forscher mitunter einfach auch sein subjektives Recht auf Forschungsfreiheit, ohne etwa den Versuch zu starten, über einen Individualantrag an den VfGH etwa eine gleichheitswidrige Norm des GTG oder der Systemverordnung 2002 aufheben zu lassen. Er nimmt, wie es zu beobachten ist, das – nach seinem Rechtsempfinden – nicht mehr gewährleistete Grundrecht in die eigenen Hände und ignoriert das zugrundeliegende Gesetz einfach. Hier würden einige Vertreterinnen der Rechtswissenschaften aufschreien und dem Rechtsabtrünnigen DIY-Biologen anarchistisches Verhalten unterstellen, das unzulässig sei, weil es mit den Grundsätzen der Rechtsordnung nicht vereinbar ist. Nun ist dieselbe Argumentation auch von der anderen Seite (DIY-Bio-Community) zu vernehmen.

          Die Wissenschaftsfreiheit beinhaltet auch den sachlichen Schutzbereich, DIY-Bio-Publikation der Forschungsergebnisse in selbstgewählte Art und Weise darzubieten. DIY-Biologinnen posten ihre Daten vorzüglich auf Online-Plattformen, halten Vorträge oder führen DIY-Bio-Blogs.[22]

          Die Tradition, dass bislang prioritär akademische Forscher im Universitätsbetrieb vom subjektiv gewährleisteten Schutzbereich erfasst waren, ist von der Realität längst überholt. Wie sehr die Privatforschung zur Begründung und Entwicklung einer Wissenschaft beitragen kann, belegt die Historie der Computertechnologie und Softwareentwicklung bis heute. Auf die universitäre Forschungsfreiheit und die Bestimmungen des Art 81c B-VG ist hier nicht weiter einzugehen.

          Die Gewährleistung erfasst somit auch Privatuniversitäten, Biohackerspaces, privatrechtliche Vereine und Unternehmen, aber auch privat tätig werdende DIY-Bio-Forscherinnen.

          Die verfassungsrechtliche Garantie der Forschungsfreiheit in Art 17 Satz 1 StGG sieht grds keine dbzgl Eingriffsmöglichkeit des Gesetzgebers vor noch bestehen idZh verfassungsunmittelbare Schranken. Inwieweit volksökonomische, soziale, sicherheitsbezogene oa ökologische Folgen die DIY-Bio selbst limitieren oder die Publikation und Mitteilung (Meinungsäußerung) von Forschungsresultaten untersagt werden könne, ist dem reinen Verfassungstext nicht zu entlocken.

          „Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.“

          Die Wortkargheit des Art 17 Satz 1 StGG deutet auf eine sehr weitreichende, wenn auch nicht absolute Freiheit hin, die auch keine Eingriffsmacht des Gesetzgebers erkennen lässt.

          Aus dem Verfassungstext selbst lassen sich keine Schlüsse ziehen, in welcher Form der Gesetzgeber nun auf die Herausforderung der dem Schutzbedürfnis Dritter gg DIY-Bio-Freiheit Rechnung tragen darf.

          3.            Der Spannungsbogen von der Forschungsfreiheit zur Sicherheit

          Unter dem grundrechtlichen Spannungsbogen zw Freiheit und Sicherheit stehen va der Schutz

          • der Eigentumsfreiheit (Art 5 StGG und Art 1 1. ZP EMRK),
          • der Erwebsfreiheit, des Liegenschaftsverkehrs, des Aufenthalts (Art 6 StGG, Art 2 4. ZP EMRK)
          • des Briefgeheimnisses (Art 10 StGG, Art 8 EMRK),
          • der Versammlungs- und Vereinsfreiheit (Art 12 StGG, Art 11 EMRK, Z 3 Beschluss der prov. Nationalversammlung 1918),
          • der Meinungs- und Kommunikationsfreiheit (Art 13 Abs 1 StGG, Art 10 EMRK, Art 6 StV von Wien),
          • der Presse- und Rundfunkfreiheit (Art 13 Abs 2 StGG, Art 10 EMRK, Z 1 u Z 2 Beschluss der prov. Nationalversammlung 1918, BVG Rundfunk),
          • der Gedanken-, Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art 14 StGG, Art 9 EMRK, Art 63 Abs 2 StV von St. Germain),
          • der Freiheit der Wissenschaft (Art 17 StGG),
          • der Unterrichtsfreiheit (Art 17 Abs 2 StGG),
          • der Freiheit der Kunst (Art 17a StGG),
          • der Freiheit bei der Berufswahl und der Berufsausbildung (Art 18 StGG),
          • des Rechts auf Bildung (Art 2 1. ZP EMRK),
          • des Rechts auf persönliche Freiheit (Art 5 EMRK, BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit).

          Zudem schützt Kap 2 der GRC

          • Freiheit und Sicherheit (Art 6),
          • Privat- und Familienleben (Art 7),
          • Personenbezogene Daten (Art 8),
          • Eheschließung und Familiengründung (Art 9),
          • Gedanken, Gewissen und Religion (Art 10),
          • Meinungsäußerung und Information (Art 11),
          • Versammlung und Vereinigung (Art 12),
          • Kunst und Wissenschaft; Forschung (Art 13),
          • Bildung (Art 14),
          • Berufsfreiheit und Recht zu arbeiten (Art 15),
          • Unternehmerische Freiheit (Art 16),
          • Eigentum (Art 17),
          • Asyl (Art 18),
          • Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung (Art 19).

          Wie demonstrativ aufgezeigt, spielen die Freiheitsrechte eine gewichtige Rolle in einer demokratischen Verfassung. Die liberale Gesinnung einer Gesellschaft ist zuletzt Ausdruck der unantastbaren Menschenwürde iSd Art 1 GRC. Wenn also der Spannungsbogen gezogen wird und die verfassungsimmanenten Schranken auf ihm eingezeichnet werden sollen, dann wird ersichtlich, dass die Würde des Menschen diesen Bogen bildet. Umso bedauerlicher ist die Tatsache, dass die österr Verfassung bis heute keinen eigenen Verfassungsartikel iSd Art 1 GG und Art 1 GRC geschaffen hat.

          Abb 22: Freiheitsrechte und Sicherheitsaspekte unter dem Spannungsbogen der Menschenwürde.[23]

          Die iimt-disziplinär ausgerichtete DIY-Bio tangiert eine Vielzahl der genannten Freiheitsrechte in direkte und unmittelbarer Weise, weshalb die Gewährleistung eines Freiheitsrechts auch die Einschränkung eines anderen erschweren kann.

          Im Bereich der »Kleinen Grünen DIY-Bio« sind insb Sicherheitsaspekte der Biosafety und Biosecurity unter den Spannungsbogen zu stellen, was erfordert, die im Sicherheitsverfassungsrecht ausgebildeten Prinzipien auf Art 17 Satz 1 StGG zu transferieren. Verhütung und Bewahrung sind Key Faktoren der ökologischen Risikovorsorge, wie sie va im Umweltrecht vorgesehen ist. Neben Aspekten der Individualschutzes iSd Rechts auf Leben (Art 2 EMRK, Art 1 6. ZP EMRK, 13. ZP EMRK) müssen die anthropozentrische wie auch biozentrische ökologische Sicherheit holistisch gesehen werden und die Forschungsfreiheit in die richtige Richtung dirigieren.

          Als Konklusion und Zwischenfazit ist festzuhalten, dass staatliche Eingriffe in die individuelle Forschungsfreiheit nur dann statthaft sind, wenn und soweit sie zur Gefahrenprävention tauglich und auch verhältnismäßig sind. Aus dem Dargestellten verbietet sich eine generelle Tendenz im Spannungsbogen gen Freiheit oa gen Sicherheit. Die Taxierung der einander entgegenwirkenden oder im Gleichtakt nebeneinander pulsierenden Rechtsgüter und Rechtspositionen hat im Zuge einer kontextuell ausdifferenzierten Einzelfallbetrachtung zu erfolgen.

          Das polizeirechtliche Instrument der präventiven Gefahrenabwehr qua »imperium« darf nur als ultima ratio eingesetzt werden, so etwa bei konkret und unmittelbar drohenden Gefahren für Leben und Gesundheit (Art 2 EMRK, Art 1 6. ZP EMRK, 13. ZP EMRK) oa auf Basis der Vorsorge und Risikoabwehr iSd Umweltschutzes (Art 37 GRC, BVG-Umweltschutz). Grundrechte können eben auch mit den Zielen des Umweltschutzes als Staatszielbestimmung im Verfassungsrang konfligieren. Eine allgemeine bioethische Würde ist auch vom BVG-Umweltschutz nicht erfasst, weshalb DIY-Biologinnen – aus verfassungsrechtlicher Sicht – nicht generell daran gehindert werden dürfen, mit Pflanzen, die sich in seinem Eigentum befinden, nach freier Lust und Laune zu forschen und zu experimentieren.

          Eine klassische Fehlvorstellung, die gerade im Umweltrecht besteht und va auch im Anwendungsbereich des GTR zu unstimmigen Interpretationen führt, ist die qualitative Differenzierung von Risikoprävention und Gefahrenabwehr. Genauso, wie es lineare Anstiege bei konkreten Gefahrenkonstellationen gibt, sind diese auch bei der Bewertung der Risiken zu bedenken. Beide Aspekte stehen jeweils im relativen Konnex zu den gefährdeten Rechtsgütern. Eine Indizwirkung für Gefahr und Risiko kann erheblich aber auch völlig unbedeutend sein. Vergleicht man etwa das AtomHG 1999[24] und das zivile Haftungsrecht gem §§ 79a ff GTG, so wird man feststellen, dass unterschiedliche Restrisiken normiert sind. Auf der anderen Seite zeichnen das Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich[25] und die gezogene Opt-Out-Regelung nach Art 26a FRL für eine nationale Risiko- und Gefahrenfreiheit.

          Das jew gesetzlich determinierte tolerable Risiko liefert die Vorlage zu polizeirechtlichem Einschreiten bei konkret drohenden – auch bestehenden – Gefahrensituationen.

          So gesehen dienen öffentlich-rechtliche Schutzgesetze der behördlichen Risikoverwaltung bzw polizeilichen Gefahrenabwehr. Es stellt sich also die Frage, inwieweit der Staat verpflichtet ist bzw werden kann, risikobelastete DIY-Bio-Forschungstätigkeiten zu verbieten bzw einzuschränken?

          Insb die Kunstfreiheit und Wissenschaftsfreiheit sind nicht absolut schützende „Freiheitsrechte ohne Gesetzesvorbehalt“[26], weshalb Einschränkungen in bedingtem Rahmen zulässig sind. Jeder Eingriff hat aus Erwägungen des Schutzes anderer Rechtsguts zu erfolgen, wobei die Kriterien der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit die entscheidenden sind.[27]

          Gerade in der Retrospektive und mit dem heutigen Wissen ausgestattet, sind Bestimmungen des GTR, wie noch aufgezeigt wird, mittlerweile nicht mehr evidenzbasiert und bilden daher nur noch eine scheinbare verfassungskonforme Rechtsgrundlage, welche die Forschungsfreiheit intentional restringiert, da sie nicht mehr dazu dienen die „Gesundheit des Menschen“ und/oder der „Umwelt“ iSd § 1 Z 1 GTG vor Schäden zu bewahren. Aus diesem Sachverständnis heraus, sehen viele DIY-Biologen ihr Grundrecht auf Forschung ungerechtfertigt eingeschränkt. Aus ihrer Warte liegt ein Pendant zur nachtäglich auftretenden Schutzlücke vor. Das heißt ein die Forschungsfreiheit einschränkendes Gesetz bleibt bestehen, obgleich keine Sicherheits- und Schutzbedürftigkeit mehr vorliegen.

          Die gesetzlichen Eingriffshürden sind unter dem Aspekt der Risikoprognose in Bezug auf die potentielle Rechtsgutsgefährdung va auf einer sachlichen und faktischen Evidenzbasis und darauf aufbauend ggfs auf Basis einer soliden Wahrscheinlichkeitsberechnung zu determinieren.

          4.            Schranken der Forschungsfreiheit

          Wie aufgezeigt, ist die Forschungsfreiheit nicht absolut (grenzenlos) geschützt und lässt sich daher unter vom VfGH elaborierten Voraussetzungen auch einengen.

          Die Grenzen der Forschungsfreiheit sind in der L[28] gut beschrieben und werden bei der »Kleinen Grünen DIY-Bio« auch nicht von bioethischen Aspekten eingeengt.

          Wegweisende VfGH-Entscheidungen hins der Einordnung der DIY-Bio und der individuellen Forschungsfreiheit sind – bis zum 07.12.1929 (B37/29) zurückverfolgt – nicht aufzufinden.

          Eine klare Einordnung trifft hingegen das dt BVerfG:

          „Zwischen der Kunst- und der Wissenschaftsfreiheit bestehen zwar nicht unerhebliche Unterschiede, vor allem hinsichtlich der zugrundeliegenden Lebensbereiche. Das ändert aber nichts daran, daß beide Freiheiten in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG in gleicher Weise garantiert sind. Auch die Wissenschaftsfreiheit kann nicht grenzenlos sein; ein Forscher darf sich z. B. bei seiner Tätigkeit, insbesondere bei etwaigen Versuchen, nicht über die Rechte seiner Mitbürger auf Leben, Gesundheit oder Eigentum hinwegsetzen. Aus den gleichen Gründen wie bei der Kunstfreiheit gelten bei der Wissenschaftsfreiheit die in Art. 5 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 1 GG genannten Schranken jedoch nicht, so daß auch etwaige Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit nur aus der Verfassung selbst herzuleiten sind. Die Konflikte zwischen der Gewährleistung der Wissenschaftsfreiheit und dem Schutz anderer verfassungsrechtlich garantierter Rechtsgüter müssen daher nach Maßgabe der grundgesetzlichen Wertordnung und unter Berücksichtigung der Einheit dieses Wertsystems durch Verfassungsauslegung gelöst werden. In diesem Spannungsverhältnis kommt der Wissenschaftsfreiheit gegenüber den mit ihr kollidierenden, gleichfalls verfassungsrechtlich geschützten Werten nicht schlechthin Vorrang zu. Auch ohne Vorbehalt gewährte Freiheitsrechte müssen im Rahmen gemeinschaftsgebundener Verantwortung gesehen werden (vgl. BVerfGE a.a.O. [193] m. w. N.). Die durch die Rücksichtnahme auf kollidierende Verfassungswerte notwendig werdende Grenzziehung oder Inhaltsbestimmung kann nicht generell, sondern nur im Einzelfall durch Güterabwägung vorgenommen werden. Dabei muß die Abwägung den Wertprinzipien der Verfassung, insb VerfGE 47, 327 (369) BVerfGE 47, 327 (370) besondere der Bedeutung der miteinander kollidierenden Grundrechte, und dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Wahrung der Einheit des Grundgesetzes Rechnung tragen. Zugunsten der Wissenschaftsfreiheit ist stets der diesem Freiheitsrecht zugrundeliegende Gedanke mit zu berücksichtigen, daß gerade eine von gesellschaftlichen Nützlichkeits-  und politischen Zweckmäßigkeitsvorstellungen befreite Wissenschaft dem Staat und der Gesellschaft im Ergebnis am besten dient.“[29]

          a)            Geeignete Eingriffe in die DIY-Bio-Forschungsfreiheit?

          Prima vista erscheinen gesetzliche bzw auch behördliche (Art 18 B-VG) Untersagungen von bestimmten DIY-Bio-Forschungsbereichen qua besondere Genehmigungsverfahren formal sinnvoll, allerdings sind sie bei der DIY-Bio praktisch völlig ungeeignet, da, wie noch aufgezeigt wird, die Kontrolle auf Einhaltung der Gesetze praktisch nicht realisierbar ist. Wenn also ein spezielles Genehmigungsverfahren formal geeignet ist, in praxi aber nicht tauglich ist, müssen andere Wege gefunden werden. So könnte eine Anzeige- bzw Meldepflicht, versüßt mit Anreizen durchaus Sinn machen.

          Selbst wenn der Gesetzgeber die Freisetzung von GVO verbietet, wird sich de facto keine DIY-Biologin daran stören und die in ihrem Eigentum stehenden genetisch veränderten Pflanzen (GVP) auch auf ihrem Grundstück versuchsweise anpflanzen bzw das behandelte Saatgut ausbringen. Ebenso hat die Untersagung von biokriminellen oder bioterroristischen Nutzung von DIY-Bio-Forschungsresultaten keinen präventiven Gehalt.

          Zum selben Schluss gelangt man, wenn Forschungsverbote der Erhöhung der Biosafety und Biosecurity dienlich sein sollen. Gerade die globale Vernetzung der DIY-Bio-Community und die internationale Kooperation verhindern die Nachvollziehbarkeit. Zudem besteht die Gefahr der Abwanderung von BSN-Forschungspionieren Staaten ohne restriktive Regelungen, wie dies gerade bei der klassischen GenTech der Fall ist. Auch hier ist der Staatsmacht die Kontrolle entzogen. Wenn Forschungsverbote kontraproduktiv wirken, können sie weder geeignet noch tauglich sein.

          Die rechtspolitische Freiheit des Gesetzgebers ist an das Sachlichkeits- und Verhältnismäßigkeitsprinzip gebunden, deren Auslegung er selbst oftmals einen weiteren Spielraum einräumt, als die Tatsachenbasis hergibt. Aufgrund des Determinierungs- und Klarheitsgebots nach Art 18 Abs 1 B-VG legt er der Verwaltung (Exekutive) die Macht der konkreten Eingriffsmaßnahmen in die Hand. Aufgrund der immensen Komplexität der iimt-disziplinären DIY-Bio bleibt den Behörden ein beträchtlicher Entscheidungsfreiraum, der insgesamt gesehen unverhältnismäßig sein kann. Die ohnehin vorhandene Gesetzesflut, die ihrerseits Ausfluss des Determinierungsgebots ist, führt zu einer zunehmenden Rechtsunsicherheit der rechtsunterworfenen Bürger und verhilft den Verwaltungs- und Exekutivbehörden (Vollziehung) zu einer demokratisch nicht legitimierten Macht. Bedenkt man dann, dass auch die Gerichtsbarkeit, die zwar nicht in Art 18 Abs 1 B-VG explizit genannt, aber dennoch vom Legalitätsprinzip erfasst ist, zu einer Rechtsfortbildung und Kasuistik neigt, droht der individuelle Forschungsfreiraum staatlicher Willkür ausgesetzt zu werden.

          Sog „eingriffsnahe Gesetze“ ermächtigen zu Grundrechtseingriffen und unterliegen daher nach Auffassung des VfGH einem „strengen Bestimmtheitsgebot“.[30] Weniger eng wird hingegen das Bestimmtheitsgebot im unmittelbar anwendbaren EU-Recht eingestuft.[31]

          b)            Zwiespalt zwischen Forschungsfreiheit und Schutzbedürfnis

          Die DIY-Bio ist eine rechtlich kaum leit- und dirigierbare Forschungsbewegung, weshalb der demokratisch legitimierte Gesetzgeber besser bildungs- und sozialpolitische denn rechtspolitische Akzente setzen sollte. Es besteht ein internationaler (ethischer) Biohackerkodex, an dem sich die DIY-Bio-Community weitgehend auch orientiert. Der Entschluss, eine Forschungsreihe oa nur ein spezifisches Forschungsprojekt zu realisieren liegt weitgehend in der autonomen Verantwortung von DIY-Bio-Forscherinnen. DIY-Biologinnen können, anders als Forscher der »common science«, ungeachtet etwaiger arbeitsrechtlicher Beschränkungen, die sich auch auf die Nutzung von gewissen Biostoffen auswirken, und va unbeobachtet agieren. Das Ignorieren von gesetzlichen Vorgaben wird in der DIY-Bio-Forschungspraxis unbemerkt bleiben. Etwaige schädliche Konsequenzen werden zwar entdeckt werden können, idR aber keiner Person zuordenbar sein und somit ohne konkrete Rechtsfolgen bleiben. Eine gerichtliche Überprüfbarkeit rückt in weite Ferne. Aus demselben Grund wird auch eine zivilrechtliche Haftung nicht verhaltenssteuernd wirken. Einzig sinnmachend scheinen, wie bereits erwähnt, förderpolitische Maßnahmen, die eine Kontrolle ermöglichen. Als »Quid pro quo« müsste der Gesetzgeber jedoch gewisse Boni zugestehen und Rechtsfolgen abmildern. Rein juristisch betrachtet sind Verhaltenskodizes nicht als gelindere Mitte ggü gesetzlichen Verboten zu sehen, rechtspolitisch wäre die Förderung der Einhaltung jedenfalls wirksamer.

          c)             Eingriffsgrenzen

          Die Abwägung von Grundrechte und Rechtsgütern ist ein komplizierter Balanceakt von immenser Komplexität. Stellt man das Grundrecht auf Forschungsfreiheit potentiell bedrohten Rechtsgütern ggü, so scheint es, als neigte sich die Waage unweigerlich in Richtung Sicherheits- und Schutzbedürfnis als öffentliches Interesse, worunter in erster Linie die Bürgerinnen aber auch die res publica zu subsumieren sind. Die unterschiedlichen Sicherheitsinteressen dürfen – und das wird argumentativ zuweilen übersehen – nicht gesamtheitlich mit dem individuellen Forschungsinteresse abgewogen werden.

          Abb 23: Abwägung von Grundrechtseingriffen.[32]

          Zumal die »Kleinen Grünen DIY-Bio« selbst dann keine Individualgüter[33] berührt, wenn bei unbeabsichtigte/unfallbedingte Freisetzungen oder bei beabsichtigten Freilandversuchen DIY-Bio-Stoffe, echte GVO/GMO oder GVO/GMO analoge BSN-Organismen in Kontakt mit Mensch, Fauna und Flora geraten, ist ein höher eingestuftes Grundrecht nicht betroffen. Die immens geringe Risikowahrscheinlichkeit eines Gesundheitsschadens oder eines Ökoschadens führt zu einer unter dem Promillebereich gelegenen Gefährdungsprognose, so dass jedenfalls ein DIY-Bio-Forschungsverbot unverhältnismäßig und unzulässig wäre. Die »Kleine Grüne DIY-Bio« tangiert auch nicht die Würde des Menschen.[34]

          Bei der »Großen Grünen DIY-Bio« sähe die Sachlage bereits anders aus, da die Risikowahrscheinlichkeit für Leben und Gesundheit aber auch für echte Öko-Schäden inkl etwaiger Biodiversitätsschäden doch erheblich ist.

          Andererseits wagt sich die Biohackerszene im Rahmen der »Roten DIY-Bio« oft und gerne an Menschenversuche heran, wobei Selbstversuche und Versuche mit individueller Einwilligung in die potentielle Körperverletzung an der Tagesordnung sind. Dieser Problematik ist im gegebenen Untersuchungsrahmen nicht weiter nachzugehen. Es sei lediglich angemerkt, dass in solchen Fällen kein generelles Schutz- und Sicherheitsbedürfnis vorliegt und die riskante aber ausschließlich selbstgefährdende Vorgehensweise keinesfalls DIY-Bio-atypisch ist.

          Somit bleibt bei der hier zu untersuchenden »Kleinen Grünen DIY-Bio« va der Schutz des Rechts auf Eigentum (Art 5 StGG, Art 1 1. ZP EMRK) als grundrechtliches Gegengewicht übrig, sodass das Grundrechtsverhältnis ein einpoliges ist. Die iimt-disziplinäre Ausrichtung der DIY-Bio berührt zwar eine Vielzahl Verfassungsrechten iwS, schafft jedoch keine weitverzweigten Gefährdungslagen. Erst wenn man die kumulierten Freiheitsrechte mit dem konfligierenden Eigentumsfreiheitsrecht abwägt, kann ein besonderes Sicherheits- und Schutzbedürfnis Dritter entstehen, das der Staat zu berücksichtigen hat. Dabei hat er aus einer bloß potentiellen Gefährdung konkrete Verdachtsmomente herauszudestillieren, die ihn zu angemessenen Eingriffen ermächtigen. Ein DIY-Bio-Forschungsverbot als ultima ratio ist auszuschließen.

          Verletzungen des »Geistigen Eigentums« ist im nicht gewerblichen DIY-Bio-Privatbereich hintanzuhalten und zudem ein Rechtsproblem inter privatos, der aufgrund der fehlenden Drittwirkung von Grundrechten nicht weiter nachzugehen ist.

          Abb 24: Abwägungszyklus im Vorfeld der Eingriffsermächtigung.[35]

          Da sich der VfGH bei Eingriffen in Freiheitsrechte auf die sog Grobprüfung beschränkt,[36] wird lediglich geprüft, ob  andere gewichtige Grundrechte (Versuche am Menschen) verletzt werden, „allgemeine Gesetze“ sich spezifisch gg die Freiheit der Forschung bzw Wissenschaft richten) richten oder „nicht allgemeine Gesetze“ ggfs  verfassungswidrig sein könnten.  Hier prüft der VfGh nach Kriterien der verfassungsimmanenten Schranken, der Verhältnismäßigkeit, des intentionellen Übermaßes und der denkunmöglichen Auslegung von Gesetzen.

          Die Prüfung hat schrittweise zu erfolgen:

          Evidenzkontrolle: Vorkehrungen zum Grundrechtsschutz dürfen nicht völlig ungeeignet oder unzulänglich sein.

          Vertretbarkeitskontrolle: Staatliche Schutzvorkehrungen haben auf einer sorgfältigen Tatsachenermittlung zu beruhen, was im Falle der DIY-Bio-Verfahren ebenso nur über Sachverständigengutachten erfolgen kann. Sie geben die Risiko- und Sicherheitseinschätzungen vor. In concreto sind damit Biosafety und Biosecurity gemeint.

          Inhaltskontrolle: Darunter ist die intensive Prüfung der staatlichen Schutzmaßnahmen auf ihren materiellen Gehalt zu verstehen.

          Das dt BVerfG [37] hat eine stimmigen und mit der Abbildung vergleichbaren Leitsatz entwickelt, der unter dem Aspekt der EMRK und der GRC auf für die österr Verfassung gelten muss.

          Die Forschungsfreiheit ist ein derart gewichtiges Grundrecht, das selbst eine diffus-latenter Gefahrenzustand von Biokriminalität bzw sogar Bioterror alleine aus dem Vorsorgeprinzip oder aus dem Grundsatz der Gefahrenprävention heraus keine generelle Einschränkung rechtfertigt.

          Die hochrangig einzuschätzende Forschungsfreiheit kann sogar das Lebensrecht von Embryonen überschatten, weshalb auch das Individualrechtsgut »Leben« nicht immer über allen anderen Grundrechten steht. Ähnliche Konstellationen liegen auch der Freisetzung von GVO/GMO/GVP bzw nun SVO/SMO/SVP vor, die die Schutzgüter Leben, Gesundheit und/oder Eigentum gefährden.

          Ließen sich spezifische Verdachtsmomente konkretisieren, wonach durch die DIY-Bio Menschenleben in Gefahr wären oder Öko-Schäden zu erwarten wären, so wären Eingriffe in die Forschungsfreiheit von Privatforscherinnen durchaus auch über „allgemeine Gesetze“ zu entgegnen, da bei zunehmender Verbreitung der DIY-Bio eine polizeiliche Intervention bei Gefahr in Verzug nicht mehr realisierbar wäre, da nicht alle DIY-Bio-Vorbereitungshandlungen verfolgbar wären. Die Untauglichkeit solcher Schutzgesetze wurde bereits besprochen.

          Abschließend ist noch auf die Problematik der Forschungszensur einzugehen. An Publikationsverbote werden, sofern etwa die „Bedrohung der nationalen Sicherheit“ oder die „Gefährdung der nationalen Einheit“ vorliegt, geringere verfassungsrechtliche Bedenken anzubringen sein, allerdings wird die Mitteilung oder Verbreitung von DIY-Bio-Forschungsergebnissen keinen dieser Bereiche berühren, sodass die Meinungsäußerungsfreiheit[38] iSd Art13 Abs 1 StGG und Art 10 EMRK nur dann beschränkbar wäre, wenn etwa Anleitungen zum Bau von Biowaffen veröffentlicht würden. Eine Anleitung, wie eine Kulturpflanze etwa mit einem GE-Verfahren dürre- oder frostresistent gemacht werden kann, ist weder rechtlich noch praktisch einschränkbar.

          Die Dual Use-Problematik ist auch der DIY-Bio immanent, allerdings besteht eine weitverbreitete Fehleinschätzung bzgl der Möglichkeit und Unmöglichkeit der Umsetzung von biotechnologischen Experimenten. Die biochemische Basis ist immer dieselbe, weshalb die Differenzierung in medizinische, agrarwissenschaftliche, biologische oder terroristische Forschung reine Schönfärberei ist. Selbst an sich harmlose Laborstämme können über gezielte Mutation so verändert werden, dass sie gefährlich werden können. Zudem sind in der Natur, wie später noch beschrieben wird, unzählige Bakterien, Viren oa toxische Organismen vorhanden, die allesamt fix und fertig für den biokriminellen oder bioterroristischen Einsatz sind. Wer Übles vorhat, braucht nicht erst hochkomplexe Versuchsreihen starten, sondern greift etwa auf »bacillus anthracis« zurück. Anthrax kommt auch in Industrieländern natürlich vor, ist aber auch im Darknet gegen Bitcoins zu erwerben.

          So gesehen sind etwa die im GTG oder in der Systemverordnung 2002 vorgesehenen organisatorischen und technischen Sicherheitsmaßnahmen, Risiko, – und Sicherheitsstufen – nach der hier vertretenen Einschätzung – großteils noch verfassungskonform, in privaten DIY-Bio-Forschung jedoch zahnlos, weshalb die Frage nach den Schutzpflichten des Staates eher rechtstheoretischer Art ist.

          Der Usus, dass die Forschung seit Jahrzehnten nicht unbedingt evidenzbasiert und verhältnismäßig eingeschränkt wird und Eingriffe in die Freiheit bzw Unterlassungen von notwendigen Einschränkungen zumeist politisch motiviert sind, fällt dem Gesetzgeber im Rahmen der DIY-Bio auf den Kopf.

          Die akademische Wissenschaftsfreiheit hat für die »citizen science community« keine Bedeutung.

          5.            Schutzpflichten des Staates

          Angenommen die Eingriffsmöglichkeit des Staates in die Forschungsfreiheit wäre unter den zuvor genannten engen Bedingungen statthaft, bleibt immer noch offen, ob er zu entsprechenden Gesetzgebungsakten der Gefahrenabwehr verpflichtet ist bzw gezwungen werden kann.

          Grundrechte sind als besondere Schutzrechte der Bürgerinnen zu verstehen. Einerseits sind sie Abwehrrechte gegen ungerechtfertigte Eingriffe des Staates und andererseits dienen sie auch dem Schutz durch erforderliche staatliche Maßnahmen. Aus dem zweitgenannten Schutzinteresse könnte sich eine Schutzpflicht des Staates ergeben. Während sich das Abwehrrecht gg staatliches Übermaß, also ein aktives Tun, richtet, ist mit dem staatlichen Untermaß ein Unterlassen gemeint.

          Einerseits könnten die Schutzinteressen der DIY-Bio-Gefährdeten aufgrund bestehender Rechtslücken nicht in ausreichendem Maße gedeckt sein, andererseits legt die Wahrung der Forschungsfreiheit staatlichen Eingriffen ein enges Korsett an.

          Wenn sich DIY-Bio-Betroffene als Grundrechtsträger nicht auf Abwehrrechte gegen den Staat berufen, sondern dessen Schutz der Grund- und Menschenrechte einfordern, weil dieser bislang etwa säumig gewesen ist, entsprechende Regelungen zu treffen, dann ist diese Problematik nicht erst seit dem Aufkommen der DIY-Bio bekannt. Die unzureichende sondergesetzliche Erfassung von Gefahren der BSN und DIY-Bio kann eine planwidrige Gesetzeslücke sein, die Bürgerinnen den verfassungsrechtlich garantierten staatlichen Schutz vorenthalten.

          Schutzpflichten und Schutzrechte sind auslegungsbedürftige Begriffe. Unter dem Begriff Schutz ist die Herstellung oder das Bewahren von Sicherheit für ein Schutz- bzw Rechtsgut zu verstehen. Daraus lässt sich nicht immer erkennen, wer die Adressaten etwaiger Gebote und Verbote sind.

          Der Staat verpflichtet sie subjektiven Grundrechte seiner Bürger auf legistischem Wege zu schützen. Darunter fällt auch der Schutz der grundrechtlichen Freiheit durch Dritte, der sich gerade aus der fehlenden horizontalen Drittwirkung[39] von Verfassungsrechten zw Privatpersonen (Zivilrecht) ergibt.[40] Selbst Art 51 GRC stellt explizit auf eine vertikale, auf gesetzlicher Basis beruhende Wirkung ab.[41]

          Derartigen Gewährleistungs- und Schutzpflichten hat der Staat auch durch Präventionsmaßnahmen nachzukommen. Da ihm allein das Gewaltmonopol zukommt (imperium), muss er auch konkrete Gefährdungen der verfassungsrechtlich garantierten Freiheiten seiner Bürgerinnen sichern und Eingriffe Dritter abwehren. Der Grundrechtsschutz ist gerade im »Biotechnologischen Zeitalter« von besondere Brisanz. Hier besteht gerade kein Henne-Ei-Konflikt, denn Grundrechte sind der Schutzpflicht jedenfalls vorgelagert.

          Im österr Recht macht sich das Fehlen des expliziten Schutzes der Menschenwürde bemerkbar.

          Art 1 GG

          „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

          Zumal selbst der Schutz des Lebens sich aus der Unantastbarkeit der Würde des Menschen ergibt, lässt auch sich sie Tragweite und Tiefe der staatlichen Schutzpflicht gut festmachen. Der „Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum“ des dt Gesetzgebers sei zwar ein weiter,[42] würde jedoch bei unzureichenden oder ungeeigneten Schutzmaßnahmen hins des „Gesundheits- und Lebensschutzes“ unterschritten.

          Gerade in einer liberalen Gesellschaft ist der Staat durch das Übermaß- wie auch im Untermaßberbot in seiner Eingriffskompetenz beschränkt. Jeder Bürger muss mit seinem Lebensrisiko zurechtkommen und kann dieses nicht gänzlich an den Staat outsourcen, wie auch der Staat dem einzelnen Individuum nicht jedes Risiko abnehmen kann. Das Leben ist gefährlich und endet mit dem Tod.

          Je existentieller also die bedrohten Schutz- und Rechtsgüter (Dritte) sind desto eher wird von einer staatlichen Eingriffspflicht auszugehen sein.

          Gerade in einer viralen und virulenten Epoche, da der »Doomsday« ante portas steht und der Mensch drauf und dran ist, sich durch eine ungezügelte Ressourcenverschwendung und durch die Beeinträchtigung des Klimas auszulöschen, ist gerade die Kollision zw Forschungsfreiheit und Schutzpflicht (Sicherheit) neu zu überdenken. Während bekanntlich viele Köche den Brei verderben, können viele DIY-Bio-Köpfe die Forschung verfeinern und auch zur Abwehr der finalen Katastrophe beitragen. Somit ist es wichtig, dass der demokratische legitimierte Gesetzgeber zwar in der Erstellung von ökologischen, biologische oder medizinischen Schutzkonzepten eingeschränkt werden kann, aus dem Umkehrschluss heraus darf er aber auch nicht zur Konzeption und dem damit verbundenen restriktiven Eingriff in die Forschungsfreiheit angehalten werden.

          Übrig bleibt die Kontrolle der akademischen Wissenschaft durch spezielle Ethikkommissionen und die Selbstkontrolle unabhängiger, freier DIY-Biologinnen durch eigene Verhaltenskodizes.

          Verbote sind, wie bereits erörtert, nicht erst für die DIY-Bio die denkbar unklugste rechtspolitische Antwort auf neue gesellschaftliche Herausforderungen.

          In Ö bildet die sog „Kontrolldichte“[43] des VfGH das Maß, inwieweit der VfGH Schutzpflichtverletzungen der Legislative zu prüfen darf. In LuRsp herrscht Einigkeit darüber, dass der Intensitätsgrad der Kontrolle proportional zum Rechtsgut zu sein hat, womit die DIY-Bio selbst unterschiedlich zu bewerten sein muss.[44]

          Lässt sich der Kontrollmaßstab hins der staatlichen Schutzpflicht präzisieren? Welche Rolle spielt hierbei das Untermaßverbot?

          Abwehrrecht: Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist als allgemeines Adäquanzprinzip zu verstehen. Kollidierende Rechtsprinzipien und Individualfreiheiten oa konfligierende Interessen sind gegeneinander abzuwägen.

          Schutzrecht – Schutzpflicht: Das sog Untermaßverbot gebietet das Abwägen der beteiligten Individualsinteressen. Zudem sind bestehende staatlichen Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen.

          In D schlägt ein TdL eine Konstruktion vor, die bei Abwehrrechten eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorsieht, um das staatlich geschuldete Schutzniveau zu eruieren.[45]

          Die sog »Drittwirkungsdebatte« steht seit jeher im Fokus des Grundrechtsdiskurses, ohne je abschließend geklärt worden zu sein. Bereits im frühen 20. Jhdt wurde die sog Statuslehre gebildet, der zufolge dem Einzelnen* aus dem jew Status heraus gewisse Rechte zukämen. Ein positiver Zustand könne dabei staatliche Gewährleistungspflichten auslösen.[46],i[47]

          Ob die objektiven verfassten subjektiven Grundrechte Rechtssubjekten auch ein Individualrecht einräumen, um staatliche Schutzpflichteneinklagen zu können, wird seit jeher kontrovers diskutiert. Steht man dem Einforderungsrecht von Schutzpflichten positiv ggü, so lassen sich folgende Argumente anführen.

          Ein Einforderungsrecht muss möglich sein,

          • weil Schutzpflichten ohne ein entsprechendes Klagerecht keine Wirkung entfalten.
          • weil etwa der VfGH nicht unzulässig in den Ermessens- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers eingreift, sofern der nur ein Mindestmaß an regulatorischen Standards formuliert.
          • weil das Bestehen von anderen Schutzmaßnahmen den subjektiv-rechtlichen Charakter nicht ausschließt, zumal lediglich ein Mindestmaß legistischer Aktivität eingefordert wird.

          Auch wenn im Detail noch Fragen offen zu sein scheinen, gilt es heutzutage, anders als noch nach dem historischen Verständnis des StGG 1867,[48] als gesichert, dass Grundrechte nicht bloß Abwehr- sondern auch staatliche Gewährleistungspflichten enthalten. Spätestens seit Begründung der „repräsentativen Demokratie“ hätten die Grundrechte die ursprüngliche angedachte „Bedingtheit verloren“.[49] Im „ideengeschichtlichen Kontext“betrachtet, haben die Grundrechte „umfassend geschützte Rechtsbereiche“ garantiert und auf eine liberale Ausgestaltung der zivilen Rechtsordnung abgezielt. Das dt BVerfG etwa hat hier seit dem Urteil zum Schwangerschaftsabbruch[50] zu einer gefestigten Jud gefunden, wenn auch die rechtsdogmatische Ausführung hins der Anerkennung der umfassenden Schutzpflichten des Staates bemängelt wird. Strukturelle Unterschiede zur dt L stünden nach einem TdL in Ö einer „Rezeption“ entgegen.[51]

          6.            Resümee und Warnhinweis

          Der Forschungsverzicht als ultima ratio ist zwar ethisch wünschenswert, in praxi jedoch ein utopischer Wunschgedanke. Ein sog »playing by the book«, wie es Vertreter der Rechtswissenschaften als Grundlage der juristischen Beurteilung voraussetzen, gibt es in der DIY-Bio nicht; zumindest nicht auf Geheiß eines Gesetzgebers, der selbst nicht die Spielregeln einhält und gleichheitswidrige bzw kontrafaktische Gesetze beschließt bzw bestehen lässt. So hat das Urteil des EuGH (Rs C-528/16) in der DIY-Bio-Szene nicht einmal zu einem Schulterzucken geführt, während in der akademischen Forschungselite der Aufschrei auch drei Jahre später noch nachhallt.

          Gewissen Formen der Forschungsanarchie kann der Staat nicht entrinnen. Das ist bereits im Bereich des Computer- und Softwarehacking deutlich zu sehen. So sind die §§ 118a, 119 und 119a, 126a, 126b und 126c StGB (Cyberkriminalität) Zeugnis einer staatlichen Machtlosigkeit ggü Straf- und Schutzgesetzverstößen im Privatbereich.

          Aus insgesamt 47.980 angezeigten Delikten kam 2019 es zu 29.632 Verurteilungen von 27.284 Personen, wobei es bei § 118a StGB zu einer (1) Verurteilung, auf § 119 StGB zu keiner (0), auf § 119a zu einer (1), auf § 126a zu einer eine (1) und auf die §§ 126b und 126c zu keiner (0) Verurteilung gekommen ist. Es ist daher nicht unzulässig auf Basis des statistischen Datenmaterials[52] eine niederschmetternde Prognose für ähnliche legistische Versuche des Gesetzgebers bzgl der Ausübung seiner staatlichen Schutzpflichten im Bereich der DIY-Bio-Kriminalität abzugeben. Im Verlauf der weiteren Untersuchung wird durchwegs auf die Gefahr des völligen Abtauchens der DIY-Bio-Community in die analoge Unterwelt und ins digitale Darknet gewarnt.

          Bei der DIY-Bio könnte die staatliche Machtlosigkeit in eine Ohnmacht gleiten.

          Selbst einem durch die DIY-Bio in seinem Leben bedrohten Grundrechtsträger ist es demzufolge aufgrund des objektiv-rechtlichen Grundrechtsgehalts und des strikten Legalitätsprinzips nicht möglich, den Erlass von Schutzgesetze einzuklagen.[53]

          Die Forderung einer Differenzierung in ein rechtlich verbindliches Normensystem (Rechtsordnung) im Rahmen eine Verfassung und eines weitgefasten Ethikverständnisses ist zwar notwendig, allerdings haben beide Leitplanken für das menschliche Handeln insofern miteinander zu tun, als bereits empirische und deskriptive Ethikvorstellungen das Soll für spezifisch moralisches Handeln iSe normative Ethik vorgeben. Zumal die Ethik als philosophischer Wissenschaftszweig im Gegensatz zur sog akademischen Rechtswissenschaft eine echte Wissenschaft ist, haben Evidenzen und Reflexionen ein verifizierbares und auch falsifizierbares Zwischenergebnis hervorzubringen. Die Juristerei wehrt sich mit Händen und Füßen, sich einer Falsifikation durch neue Thesen und Theoreme zu stellen, weshalb sie unwissenschaftlich und in ihrer eigenen kleinen Welt verkapselt, in die Bedeutungslosigkeit abzugleiten droht. Die Zukunft liegt im »eGovernment« und in der »AI eGoverance«, was die überalterte Form der Rechtswissenschaft obsolet macht. Wenn kein Umdenken stattfindet, schafft sie sich gerade selber ab.

          Aus dem Blickfeld eines kritischen Rationalismus kann die Rechtswissenschaft niemals einen wissenschaftlichen Status erlangen. Wenn es also darum geht, Grundrechte, Schutzpflichten und Gesetze zu interpretieren, so ist gerade im Bereich der Biowissenschaft wieder ein „juristischer Skeptizismus“[54] angebracht, der in Ö völlig abhandengekommen ist. Es gibt überaus einfallsreiche Juristen, die die Kunst der Exegese perfektionieren, mit der Realität hat diese jedoch immer weniger zu tun. Die Selbstverliebtheit, die einer akademische Hybris entspringt und durchaus auch eine Reaktion auf den Komplex, nicht Teil der echten Wissenschaften zu sein, sein kann, führt zu einer Verkehrung des Grundgedankens positiven Rechts und zwar nicht nur in seiner Reinform. Wenn sich Bürgerinnen nicht mehr an klare Regeln halten können, weil Interpretationsexzesse der L und die richterliche Rechtsfortbildung und gerichtliche Kasuistik das Bild auf die Verhaltensnorm trüben und zur Beliebigkeit der Rechtsmaterie manifestieren, dann werden die Gesetze der Logik außer Kraft gesetzt wie auch die Empirie der Außenwelt iSe „Logischen Positivismus“[55] ausgeschaltet. Gerade die dogmatische Zivilistik kann wissenschaftlichen Ansprüchen nicht gerecht werden. Anders verhält es sich noch mit den Teildisziplinen der Rechtsphilosophie, der Rechtssoziologe oa der Rechtsgeschichte. Hier kann die Rechtsdogmatik als echte Wissenschaft angesehen werden.

          Auf den Untersuchungsrahmen zurückkommend und der vorhandenen Abhandlungen und Kommentierungen des GTR aber auch der Umweltrechts eingedenk, ist festzustellen:

          Wenn die Juristin nicht weiß, welchen Gesetzmäßigkeiten im naturwissenschaftlichen Sinne Disziplinen wie Chemie, Physik und Biologie folgen, weiß sie auch nicht, was zu tun ist. Sie kann daher auch Normentexte nicht verifizieren oder falsifizieren, weil sie einfach nicht weiß, was der Satz besagt. Im Rahmen der BSN und der DIY-Bio kommen nun auch noch Expertisen der Informatik und des Bioingenieurwesens hinzu, welche die Biorechtswissenschaft auf ein völlig neues Niveau heben. Dass der Spagat gelingen kann und muss, beweisen Patentanwälte tagtäglich und weltweit. Sie erkennen die Umstandsprämissen. Als Wissenschafter kennen sie die Voraussetzungen und Bedingungen, unter denen ein Theorem über Axiome einer schlüssigen Beweisführung zugänglich sind. Sie wissen, wie bestehende Naturgesetze eine valide Deduktionsbasis bilden können. Somit erkennen sie auch die Angabe seines Sinns. Wissenschaftliche Axiome der Naturwissenschaften entsprechen der als gültig erachteten und bereits erwiesenen – wenn auch bloß konstruierten – Wahrheit. Rein logische Konklusionen sind hingegen sinnbefreite Sätze.

          Die Rechtsmethodik bewegt sich innerhalb eines starren Gerüsts (scaffold) und ist somit Gefangene einer mitunter planlosen oa korrumpierten Gesetzgebung, die Regeln willkürlich und evidenzbefreit aufstellt. Insofern sind die bisherigen juristischen Elaborate insb zum GTR zu relativieren.[56],[57] [I]

          Die grundrechtlichen Abwägungsdirektiven der demokratisch legitimierten Legislative, der Judikative und auch der Exekutive können sich einer an Lebensrealitäten anschließenden Ethik gar nicht verwehren. Bei der Einschätzung des beschriebenen Spannungsbogens zw der subjektiv gewährleisteten Forschungsfreiheit und des Schutzes von Leben, der körperlichen Integrität Dritter aber auch des Umweltschutzes wird nur ein besonderes Kapitel der Ethik aufgeschlagen, nämlich das der Verfassungsethik. Auch hier ist auf die dt L zu verweisen, da im österr Verfassungsrecht der explizite Schutz der Menschenwürde als Alpha und Omega aller Grundrechte fehlt. Da die DIY-Bio die gesamte EU und auch die gesamte Welt herausfordert, kann die Eigenbrötlerei eines kleinen Potemkin’schen Dorfes wie Ö keine Rücksicht genommen werden. So wie es für die DIY-Bio keine territorialen Grenzen gibt, muss auch der Diskurs über Grundrechte und Verfassungsethik tabulos und ohne Schranken, va aber im Lichte der GRC geführt werden. Letztlich geht es nicht um ein bloß in Ö anwendbares GTG.

          7.            Empfehlung

          Die Minimalbudgets der DIY-Bio-Szene erfordern simpel strukturierte Experimente, die wiederum zur Ideenvielfalt und Kreativität führen. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah. Es ist daher anzudenken, ob es nicht Sinn machte, DIY-Biologinnen mit kleinen Förderprogrammen so weit zu fördern, als dadurch die Sicherheit der Forschungstätigkeit abgesichert werden kann. Größere Fördersummen sollten für Forschungsprojekten in gesicherten öffentlichen Biohackerspaces vorbehalten bleiben. Wenn die DIY- Bio-Bewegung im Endeffekt auch verwertbare oder ökologisch wertvolle Ergebnisse erzielt, steht der Staat in der Pflicht, diesen neuen Forschungszweig auch zu subventionieren und den kommunikativen, multi- inter- und transdisziplinären Ausstauch zw der »citizen science« und der »common science« zu fördern. Elitäre, akademische Hierarchien sind tunlichst abzubauen, Reformen einzuleiten und finanzielle Mittel zur flächendecken Einrichtung von Biohackerspaces zur Verfügung zu stellen, die zumindest durch den akademischen Mittelbau zu begleiten sind.

          Die DIY-Bio-Szene muss Zugang zu staatlich und auch unional geförderten Forschungsprogrammen erhalten und auch der Zugang zu öffentlichen Bildungs- und Forschungseinrichtungen muss der Citizen-Science-Bewegung ermöglicht werden. Wenn die Gesellschaft (Staat) Kunst- und Wissenschaft fördert, so erfolgt dies auch immer im Eigeninteresse. Die Wissenschaft darf sich demnach nicht in einen elitären Elfenbeinturm zurückziehen und mit ihren Forschungsergebnissen hinterm Berg halten. Teilhabe der Öffentlichkeit und Feedback an die Gesellschaft sind Grundvoraussetzungen für das staatliche Wissenschafts- und Bildungswesen. Hier hat eine Trendumkehr einzutreten, um ein Abgleiten in eine Wissenschaftsarchitektur zu verhindern, die Menschen aus sozial schwachen Schichten den Zugang zum tertiären Bildungssektor verwehrt.

          Engagierte DIY-Biologinnen werden bei entsprechender Förderung alte Denkmuster sprengen und die multi-, inter- wie transdisziplinäre Wissenschaft kreativ inspirieren. Als Gegenleistung zur Beteiligung am staatlichen Wissenschaftsbetrieb könnte eine gut organisierte DIY-Bio-Szene den universitären Einrichtungen die Öffentlichkeitsarbeit weitgehend abnehmen. Sie könnte als bidirektionales Bindeglied und Schnittstelle zw Volk und Wissenschaft fungieren. Die Aufnahme von Ideen aus der Bevölkerung spiegeln auch deren Bedarf und deren Bedürfnisse wider. DIY-Biologen dürfen als Quelle der Inspiration nicht unterschätzt werden, aber auch nicht der Übermut und die unreflektierte Risikobereitschaft einiger.

          Die Organisation der DIY-Biologe darf jedoch keinen Einfluss auf die autonome Denkweise der DIY-Bio-Szene nehmen, da sonst das Projekt scheitert und auf wieder null gesetzt würde, weil sich dann wieder DIY-Biologen 2.0 separieren würden.

          Durch die akademisch überwachte und ggfs auch teilgeleitete Bürgerforschung wird das F&E-Risiko auf ein vertretbares Maß minimiert. Der DIY-Bio-Bewegung eröffnen sich va auch neue Möglichkeiten, weil sie dann an auf legalem Weg an bessere DIY-Bio-Materialien und DIY-Bio-Equipment gelangen.

          B.           Gleichheitsrecht – Gleichheitssatz

          Der originäre Geltungsbereich des Art 7 Abs 1 Satz 1 B-VG wie auch des Art 2 StGG erfasst österr Staatsangehörige, wird jedoch nunmehr auf Unionsbürgerinnen, die keine österr Staatsbürgerinnen erstreckt.[58] Unter dem Hinweis auf das föderalistische Konzept des Bundesstaats weigert sich der VfGH, den Gleichheitssatz auch unter den Gesetzgebern anzuwenden.[59] Für die Untersuchung des GTR bedeutet dies, dass etwa Regelungen in den Gentechnik-Vorsorgegesetze der Länder ungleich zu Bestimmungen GTG sein können, sofern sie nicht gg das Legalitätsprinzip und sohin nicht gg den Stufenbau der Rechtsordnung verstoßen.

          Wenn sich der VfGH auch nicht dazu berechtigt erachtet, nationale Bestimmungen mit ähnlichen anderer Rechtsordnungen zu vergleichen und daraus eine gleichheitswidrige Behandlung  abzuleiten,[60] so hat dies etwa keinen Einfluss auf den rechtswissenschaftlichen Vergleich der FRL mit dem GTG. Hier gelten die Grundsätze der nationalen Inkorporierung bzw Transformation von Sekundärrecht nach der Kompetenznorm des Art 288 AEUV, der sich wiederum aus den materiell-rechtlich verbindlichen Vertragsregelungen speist, und die Bindung an die Normenhierarchie. Das Gebot der effizienten Umsetzung von RL lässt dem nationalen Gesetzgeber hins des Gleichheitssatzes nicht allzu viel Gestaltungsspielraum. Ungleiche Umsetzungen gewährleisten den praktische Effekt des EU-Rechts gerade nicht. Ob eine ordnungsgemäße Umsetzung erfolgt ist, entscheidet letztlich der EuGH. Hierzu sei erwähnt, dass selbst die horizontale, direkte Anwendbarkeit von RL inter privatos vom EuGH[61] ua von der hL[62]  selbst bei nicht rechtzeitiger Umsetzung (Art ) einer RL[63] abgelehnt wird.

          1.            Allgemeines Sachlichkeitsgebot

          Seit den 1970er Jahren bindet das »allgemeine Sachlichkeitsgebot« die Gesetzgebung und somit auch aufgrund des Legalitätsprinzips nach Art 18 Abs 1 B-VG jedwedes staatliche Handeln. Umgekehrt ergebe sich bereits historisch aus Art 7 Abs 1 Satz 1 B-VG, dass nicht bloß die Vollziehung, sondern auch der Gesetzgeber an den Gleichheitssatz gebunden sei.[64] Ihm sind inhaltliche Grenzen geboten,[65] wonach Regelungen sachlich begründbar sein müssen.[66],[67]

          Andererseits ist auch die sog nichtkomparative Bedeutungsschicht des Gleichheitssatzes“[68] gerade im Bereich der modernen SynBio ieSvon besonderer Bedeutung.[69],[70],[71] Hier ist gedanklich ein Anker hins des Risikomanagement für neue, voll biosynthetisierte Produkte, für die es keine biologischen Komparatoren gibt, zu setzen. Ferner ist aus demselben Gedanken heraus auch der Sachlichkeits- und Gleichheitsaspekt bioidenter DIY-Bio-Produkte für die nachfolgende Untersuchung festzuhalten.[72]

          Sozialpolitische, ökonomische aber auch umweltrechtliche Interessen und Ziele, darf der Gesetzgeber nur innerhalb der sachlichen Schranken verfolgen.[73] „Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden.“[74],[75] Diesem Leitsatz wohnt noch die grundlegende Skepsis des VfGH ggü der Weite des Gleichheitssatzes inne, der sich auch in der Inhomogenität seiner E widerspiegelt.[76] Tls prüft der VfGH auf eine allgemeine Sachlichkeit, tls ignoriert er Fakten und Daten,[77] womit er selbst gg das zentrale Willkürverbot iSd Art 7 Abs 1 B-VG und Art 2 StGG verstößt.

          Das allgemeine Sachlichkeitsgebot beschränke nach der Verfassungsjudikatur den Gesetzgeber auch bei der Bemessung der Strafhöhe und sonstigen Sanktionen. Es müsse eine angebrachte Relation zum Verschuldensgrad stehen, was gerade bei verschuldensunabhängigen Gesetzen problematisch sein kann.[78] Demnach darf bei der DIY-Bio kein exzessives Missverhältnis zur Art der Schutzgesetzverletzung stehen.[79] Bei der Überprüfung von Sanktionen schielt der VfGH gerne in andere Materiengesetze hinüber,[80] da ja seiner eigenen Diktion zufolge der Gesetzgeber nicht gehalten ist, divergente Rechtsinstitute oa Materien des Verwaltungsrecht gleichförmig zu regeln.[81] Bei hochrangige Grundrechtsgüter sei die Androhung von Sanktionen sogar geboten, wobei die Einschätzungsprärogative hins des sozial inadäquaten Verhaltens dem breiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers unterliegt.

          2.            Praktischer Bedeutungsgewinn des Gleichheitssatzes

          Die praktische Bedeutung des Gleichheitssatzes ist immens, wenn auch Vertreter der LuRsp die Weite nicht zulassen wollen. Aus kompetenzrechtlicher und systematischer Sicht, ist das Gleichheitsgebot ein zentrales, dominantes und wesentliches normatives Fundament des EU-Rechts. Es trägt die Würde des Menschen und stellt den individuellen Anspruch auf Gleichbehandlung iS Dworkins[82] sicher. Das Fehlen einer Entsprechung zu Art 1 GRC[83] oder zu Art 1 GG in der österr Verfassung dürfte auch die Tradition der Zurückhaltung und Rückständigkeit in LuRsp hins des Gleichheitssatzes  begründet haben. Er entspricht aber auch dem basalen philosophischen Grundsatz Prinzip von ethischem Handeln, den Kant als »kategorischen Imperativ« bezeichnete.[84] Aber auch die These Rawls, wonach die „original position“[85] alle Menschen völlig gleich stellt seien und eine „veil of ignorance“[86] bestünde,[87] ist Ausdruck der anthropozentrischen Gleichheit.

          Wie noch aufzuzeigen ist, musste der VfGH in den vergangenen Dekaden nach und nach von seiner zurückhaltenden Judikaturlinie und -formeln abweichen. Daher sind auch beliebte Aussagen der L wie, das sei höchstgerichtlich längst entschieden, nicht nachzuvollziehen und ein Zeichen einer unproduktiven, in sich selbst abgeschlossenen, unwissenschaftlichen Arbeitsweise. Wie noch im rechtstheoretischen Abschnitt zum ABGB begründet wird, muss ein funktionierender Rechtsstaat gerade in Sachen Verfassung und Grundrechte ergebnisoffen bleiben. Selbst dem einzelnen Bürger muss das Individualrecht erhalten sein, eine völlig neue Spruchpraxis in Gang zu setzen. Auch in der rechtswissenschaftlichen Arbeit müssen neue Ideen und argumentative Ansätze zulässig sein. Hat eine Disputation keinen Erfolg, dann wird die Einzelmeinung entweder unbeachtlich bleiben oder revidiert werden. Was jedenfalls bleibt, sind neue Ansätze und Erkenntnisse. Davon leben die restlichen Wissenschaften. Eine echte Falsifikation ist wesentlich wertvoller als eine Verifikation, da dann Irrwege nicht mehr begangen werden und Forscherinnen tausende unproduktive Arbeitsstunden erspart bleiben. Auch in der österr Juristerei lässt sich erkennen, dass Lehrmeinungen tlw diametral auseinandergehen, was sehr begrüßenswert ist, allerdings werden exogene Inputs noch nicht zugelassen, was durchaus als K&K-Reminiszenz zu werten ist. Noch sind die Rechtswissenschaften wesentlich ungleich zum Rest der Wissenschaftsdisziplinen, noch legt man im Biorecht (BioR) die methodischen Scheuklappen nicht ab und fokussiert ausschließlich auf das positive Recht, auf das ebenfalls noch die Sprache kommt.

          Soweit eine Norm des hier zu untersuchenden GTR keine Freiheit explizit beschränkt, soll das  Sachlichkeitsgebot in eine allgemeine Handlungsfreiheit uminterpretiert werden. Die österr Verfassung sähe dies jedenfalls nicht explizit vor.[88]

          Die DIY-Bio entspricht nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens, weshalb eine pauschale Regelung, mag sie auch verwaltungsökonomisch sein, sachlich nicht begründbar ist.[89] Im Umkehrschluss ist erst recht eine Ungleichbehandlung von im Wesentlich gleichen Verfahren der DIY-Bio und der GenTech sachlich unzulässig.

          Der Gleichheitssatz war, wie zuvor erwähnt,[90] also nie Liebkind der österr Grundrechtsjudikatur und wird zuweilen auch als „Einfallspforte für außerrechtliche Wertungen“[91] angesehen.[92] Es sei dogmatisch mit den Freiheitsrechten verwandt, eine Schutzbereich lasse sich jedoch schwerlich konkretisieren.[93] Gerade diese in den Rechtswissenschaften weitverbreitete Auffassung ist Zeichen eines Denkens in Schranken, das vom juristischen „Schrankendenken“[94] zu unterschieden ist. Es wird durchwegs übersehen, dass das Recht als Gesamtheit aller generellen (abstrakten) Verhaltensregeln zu verstehen ist, das vom Kollektiv der Volksgemeinschaft gemeinsam gewährleistet wird. IdS sind nach Art 2 StGG und Art 7 Abs 1 Satz 1 B-VG auch alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich. Sohin sind gerade Grundrechte keine von der Staatsmacht gebilligten oder ungeliebten Spielbälle, sondern insb als Verhaltensgebote an die staatliche Dreifaltigkeit zu sehen. Wenn Freiheitsrechte konkrete Lebensbereiche schützen sollen, der Gleichheitssatz aber auf alle Lebenssachverhalte Anwendung finden kann, dann ist die ein unverrückbares und nicht zu diskutierendes Faktum. Der Gleichheitssatz ist an die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) gerichtet. Sie hat sich gem Art 7 Abs 1 B-VG zum verbrieften Verfassungsrecht zu bekennen. Im selben Abs kommt unmissverständlich zu Ausdruck, dass „die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten“ ist. Wenn also bereits der Verfassungstext explizit alle Bereichen des täglichen Lebens erfasst wissen will, dann darf die Schwierigkeit der „rationalen Handhabung“[95] weder im Einzelfall noch allgemein Anlass zur Interpretation geben. Dass gerade Kelsen im Gleichheitssatz einen „außerordentlich unklaren“ „Gemeinplatz des politischen Liberalismus“ gesehen hat,[96] überrascht zwar, vermag aber keinesfalls zu überzeigen. Wenn man bereits den Begriff „demokratisch“ als rechtlich unbrauchbar kategorisiert, dann fängt man in logischer Konsequenz auch mit dem Wort „Liberalismus“ wenig an. Eine fragwürdige Schlussfolgerung mit einer weiteren zu bekräftigen ergibt noch lange kein Verum.[97] Solch tautologische Aussagen sind gerade im hochsensiblen Bereich der Verfassungs- und Grundrechte entbehrlich. Selbst der VfGH, dem die Interpretationskompetenz zukommt, kann außerrechtliche Wertvorstellungen nicht als Argument vorbringen, um den Gleichheitssatz nicht anwenden zu müssen. Das Leben ist bunt und gefährlich. Die Idee der Demokratie und des Liberalismus bringt gerade pluralistische Gesellschaften hervor, auch wenn sich manche schwertun, mit dem Resultat zurechtzukommen. Es wird wohl einen Grund haben, warum nur hochqualifizierte Richter, Staatsanwältinnen, Rechtsanwälte oder Universitätsprofessor innen mit einer mindestens zehnjährigen Berufspraxis als Mitglieder bzw Ersatzmitglieder ernannt werden dürfen. Demnach sollte ihnen – mit Unterstützung von Sachexpertinnen – auch die Beurteilung und außerrechtliche Wertung komplexer Lebenssachverhalte durchaus zuzutrauen und zuzumuten sein.

          Der Wortlaut des Gleichheitssatzes nach Art 2 StGG und Art 7 Abs 1 Satz 1 B-VG ist zwar offen jedoch in der Kernaussage keinesfalls unbestimmt gehalten. Einfacher kann man ein Ansinnen nicht auf den Punkt bringen. So gesehen ist er eine legistische Meisterleistung, die auch einer konservativen Engstirnigkeit standhält.

          3.            Härtefalle

          Die stRsp des VfGH anerkennt unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes Sonderlösungen für atypische Härtefälle, wobei er Verhältnismäßigkeitsabwägungen anstellt. Er stellt die Betroffenheitsdichte einer Person dem potentiellen Nachteil ggü.[98]

          Die Ungleichbehandlung von DIY-Bio-Verfahren und GenTech-Verfahren könnte ein zu duldender Härtefall sein, weil der Gesetzgeber das neuaufkommende Potential und die damit verbundenen Fallkonstellationen und ungleichen Rechtsfolgen bei der Gesetzgebung nicht vorausdenken hat können. Derlei Härtefall wären demzufolge »Systemfehler«[99] und als solche nicht „unsachlich“,[100] was auch im Umkehrschluss gelte.[101]

          Dass eine Norm nicht bereits dann gleichheitswidrig ist,[102] wenn es im Endresultat nicht immer eine generelle und absolute Gleichheit herstellen kann, ist nachvollziehbar. Die Argumentation der Höchstgerichte verkennt aber, dass pauschale Durchschnittsbetrachtungen, von denen auf den Regelfall geschlossen wird,[103] nicht die Kehrseite von Einzelfällen[104] sein können.[105] Auch eine Gewichtung der hinzunehmenden  Ungleichbehandlung und der Rechtsfolgen ändert daran nichts. Der Problemfaktor darf sich nicht danach richten, wie die Vollziehung nach divergenten Sachverhalten differenzieren könnte, sondern lediglich danach, ob der Härtefall eine objektive Unsachlichkeit darstellt.[106]

          Dass das Verbot von GE-Mutagenese-Verfahren bei bestehender Ausnahmeregelung für ungerichtete Mutagenese-Verfahren und der Vergleich mit Transgenese-Verfahren unsachlich sind, ließe sich keinesfalls mit der Härteregel rechtfertigen. Da der EuGH nunmehr gleichheitswidrig entschieden hat, bindet das natürlich auch die Organe der EU-MS. Allerdings stünden zahlreiche mit den modernen BSN aufkommende Vergleichsfälle ante portas.

          4.            Gleichheitssatz: Vorrang des Unionsrechts

          Der Jud des EuGH zufolge verbiete es der allgemeine Gleichheitssatz des Unionsrechts, vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich zu behandeln, es sei denn, „eine Differenzierung sei objektiv gerechtfertigt“.[107]

          Bei der Umsetzung von EU-Sekundärrecht in nationales Recht könnte die unterschiedliche Weite des allgemeinen Gleichheitssatzes Probleme aufwerfen.[108] Da sich die Rechtsstrukturen des österr Rechts vom Unionsrecht unterscheiden, haben nach Auffassung des VfGH letztendlich beide mit den verfassungs- und unionsrechtlichen Vorgaben übereinzustimmen, wodurch eine sog „doppelte Bindung“besteht.[109]

          Das nationale Recht ist widerspruchsfrei zum Unionsrecht umzusetzen und EU-Recht soll – nach gefestigter Rsp – Vorrang vor dem nationalen Verfassungsrecht haben.[110] Der Vorrang ist seit dem Grundsatzurteil des EuGH absolut und uneingeschränkt zu verstehen.[111] Er hat im Anwendungsbereich der EU-Rechts für alle Rechtsakte zu gelten und zwar gleich, ob sie sich aus Primär- oder Sekundärrecht ableiten lassen.[112]

          Die gut vernetzte iimt-disziplinär agierende DIY-Bio-Szene fällt in zahlreiche Anwendungsbereiche des EU-Rechts, weshalb die Gleichheitsprüfung nicht bloß auf biologischer oder biotechnologischer Ebene erfolgen darf. Die „Normgebungsakte“[113] der EU-MS dürfen dem Unionsrecht und den gemeinsamen Zielen dabei nicht widerstreben. Legislative und Exekutive sind vom Geltungsbereich dieses Grundsatzes iSe unionalen Legalitätsprinzips erfasst. Aber auch die Jud hat die Vorrangbestimmung des Gemeinschaftsrechts zu achten.

          Um den abstrakten Charakter des Prinzips der Gleichheit durch das Gesetz, das auch im Unionsrecht (noch) nicht verwirklicht ist, aufzuzeigen, ist die Ungleichbehandlung zweier Gruppen mit Unionsbezug iSd Art 20 AEUV anzuführen, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden.

          5.            Allgemeiner Gleichheitssatz nach dem EuGH

          Der allgemeine Gleichheitssatz[114] ist – nachdem anfänglich noch keine allgemeine Dogmatik des Gleichheitssatzes bestanden hat – auch ein im Unionsrecht anerkannter allgemeiner Rechtsgrundsatz und zudem in der GRC und in Art 1 Satz 1 AEMR positivrechtlich verankert. Daneben existieren im Unionsrecht einige spezielle, partikulare gleichheitsrechtliche Garantien, die der EuGH als Ausgangslage für die Entwicklung eines Gemeinschaftsgrundrechts und einer dementsprechenden ständigen Grundrechtsjudikatur herangezogen hat. Dies lässt sich auch der Genesis der gleichheitsrechtlichen Jud des EuGH entnehmen. Seit 2012 legt der auch der VfGH auch die GRC seinen E zugrunde, womit auch der Gesetzgeber implizit an die Einhaltung gebunden werden kann. Wohl hat in den vergangenen drei Jahrzehnten eine bis dahin aufgrund der rechtspositivistischen Ausrichtung an den Konzepten der Wiener Schule undenkbare Trendwende der VfGH-Judikatur Einzug gehalten, und erstmals Gesetzgebung und Vollziehung in die Schranken verwiesen, allerdings muss noch viel Wasser die Donau hinauffließen, bis auch die nicht immer verkehrte Naturrechtslehre wieder einkehrt. Es ist davon auszugehen, dass das dt BVerfG, das vom dt Gesetzgeber weit mehr ermächtigt ist, als es der VfGH je sein wird, auch weiterhin auf höchstgerichtliche E des VfGH Einfluss nehmen wird. Auch wenn der VfGH sich zum Sachlichkeitsgebot (Art 2 StGG und Art 7 B-VG) bekennt und diese Wertungspraxis nunmehr auch auf andere Grundrechtspositionen umlegt, so ist darin kein emanzipatorischer Prozess zu erkennen, sondern eine Anpassung an die Rsp des EuGH, die seit 1994 die Marschrichtung vorgibt. Eine Renaissance der nicht mehr »Kelsen‘schen Verfassungsexegese« oder gar eine liberale Grundrechtsfortbildung ist nicht zu erwarten. Gerade in ökologischen Belangen scheinen nach dem BREXIT rechtspolitische Entscheidungen von D und F den unionalen Kurvorzugeben, nach dem sich auch der EuGH richten wird.

          Der allgemeine Gleichheitssatz des EuGH ist weder verwindungsfest noch in Stein gemeißelt.

          Der EuGH hat aus den besonderen einzelnen Gleichheitsrechten einen unionsrechtlichen  allgemeinen  Gleichheitssatzherausgebildet, auf  dem  das  europäischen  Vertragswerk aufbaut.[115] Die jew Verfassungen der MS und auch die EMRK haben – entgegen dem sonstigen Usus[116] – kaum Eingang in den Entwicklungsprozess gefunden.

          „Gleiche Sachverhalte sind nicht ohne sachlichen Grund ungleich und ungleiche Sachverhalte nicht gleich zu behandeln.“

          Dabei gesteht der EuGH den verantwortlichen Unionsorganen iaR einen großzügigen Auslegungs- und Beurteilungsspielraum hins der Determinierung sachlich differenzierender aber gerechtfertigter Maßnahmen zu. Bei unionsweiten Regelungen ökonomischer Sachverhalte iSd Binnenmarktprinzips reduziert der EuGH seine Prüfung auf die sachliche Begründung etwaiger Ungleichbehandlungen, was auf den ursprünglich binnenmarktlichen Grundgedanken der europäischen Wirtschaftsunion zurückzuführen ist. Bei nichtökonomischen Grundrechten,[117] ist der EuGH geneigt, seine Prüfungstätigkeit anzuziehen und zu verdichten. Er leuchtet dabei die sachliche Rechtfertigung im Einzelfall nach qualitativen Maßstäben aus und bedient zumindest partiell das Verhältnismäßigkeitsprinzip.[118]

          Der EuGH variiert – je nach Sachbereich – in seiner Stringenz.

          Für die DIY-Bio mit BSN ist etwa das agrarrechtliche  Diskriminierungsverbot  nach  Art  34  Abs  2  Satz  2  EGV bedeutsam. Es kommt grds dann zum Tragen, wenn Unionsorgane ihren Ermessensspielraum überschreiten. Gerade im Rahmen der BSN-Methoden und DIY-Bio-Verfahren wären Prognoseentscheidungen, die sachlich nicht zu begründen sind, Paradebeispiele für einen solchen Verstoß.

          Der EuGH erfasst Grundrechte im Allgemeinen und auch den Gleichheitssatz im Besonderen sehr kontextualisiert und macht deren Radius von ihrer jew sozialen Bedeutung und Funktion abhängig; ggfs werden auch grundrechtliche Schutzgarantien eingeschränkt.

          Der allgemeine Gleichheitssatz iSd Art II-80 EVV wie auch Art 20 GRC (Gleichheit vor dem Gesetz) ist weder im EGV noch in Art 2 EUV[119] geregelt. Insoweit seien Wesensgehaltbestimmung und Verhältnismäßigkeit va iSd „Gemeinwohls“ und des „Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer“ Art II-112 Abs 1 EVV[120] bzw nach Art 52 Abs 1 GRC als Auffangvorschriften relevant.[121]

          Die Interpretationsvarianten weisen in verschiedene Richtungen.

          Einerseits werde mit der Weite des allgemeinen Gleichheitsrechtes argumentiert, die dem Gesetzgeber Ungleichbehandlungen grds auch ohne Ermächtigung ermöglichten und andererseits werde das Gleichheitsrecht dem Schutzbereich der Freiheitsrechte angenähert, was zum Gesetzesvorbehalt des Art II-112 Abs 1 EVV bzw Art 52 Abs 1 GRC führe.[122]

           „Der Gesetzgeber* habe bei Eingriffen in Freiheitsrechte die Beschränkungen anhand des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu rechtfertigen, während er bei gleichheitsrechtlichen Differenzierungen der Sache nur gerecht werden oder sie verfehlen könne.“ [123],[124],[125]

          Die Opt-out-Regelung des Art 26b FRL,[126] deren Rechtsgrundlage Art 114 und Art 192 Abs 1 AEUV bilden, könnte einem modernen BSN-Recht de lege ferenda hinderlich sein. Es bedarf, wie noch aufzuzeigen ist, subtiler und weitreichende Lösungsansätze zugleich. Den doch sehr eigentümlichen Bedenken des VfGH, wonach das allgemeine Sachlichkeitsgebot die Gewährleistung der Gleichheit verunmögliche und zu einem allzu allgemeinen und nicht mehr vernünftig umsetzbaren Gerechtigkeitsgebot führe, setzt sich der EuGH erst gar nicht aus.

          6.            Agrarpolitisches Gleichheitsgebot

          Das „agrarpolitische Gleichheitsgebot“des Art 40 Abs 2 uAbs 2 AEUV (ex-Art 34 Abs 2 uAbs 2 EGV) hab eine eigene, „recht randständige“Bedeutung, beruhe auf dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot[127] uns stehe dem allgemeinen Gleichheitssatzes nahe; zudem sei sie explizit an die Union gerichtet.[128] Art 40 AEUV ist zwar ein ökonomischer Binnenmarktartikel (Agrarmärkte), spielt aber insofern iZm neuen BSN-Methoden und DIY-Bio-Verfahren ein Rolle, als Art 39 Abs 1 die „Produktivität der Landwirtschaft durch Förderung des technischen Fortschritts“ als oberstes Ziel vorgibt. Nach Art 40 Abs 2 AEUV sollen in diesem Sinne „alle erforderlichen Maßnahmen“ einzubeziehen. Unter diesem Aspekt sind neue BSN-Methoden nur in einer Weise ungleich zu behandeln als konventionelle Methoden der Landwirtschaft oder gar der klassischen GenTech, die risikoärmeren und ressourcenschonenderen Anbaumethoden zum Vorteil gereichen. Dies ergibt sich gerade aus der Sachlichkeitsargumentation heraus. Nach Art 40 Abs 2 uAbs 2 AEUV ist „jede Diskriminierung zwischen Erzeugern oder Verbrauchern innerhalb der Union auszuschließen.“

          7.            Gleichheit „vor“ dem Gesetz

          Art 7 EMRK garantiert die Gleichheit jedes Menschen »vor« dem Gesetz, auch Art 26 UN-Zivilpakt postuliert diese, ebenso Art 20 GRC, Art 14 EMRK, Art 18 Abs 1 und Art 157 AEUV. In Ö ist der Gleichheitsgrundsatz ist durch Art 7 Abs 1 B-VG, Art 2 StGG, Art 66 Abs 1 und 2 StV von St. Germain, Art 1 RassDiskrBVG[129] sowie durch zahlreiche verfassungsrechtliche Bestimmungen in einfachen Gesetzen gewährleistet.

          Allgemein lässt sich festhalten, dass heutzutage der VfGH bei der Prüfung von sachlichen Rechtfertigungen von Verwaltungsmaßnahmen durchaus auch gewillt ist, auch differenzierende Entscheidungen zu fällen. Zentrale Bestandteile der Beurteilung sind die Grundsätze des Willkürverbots und die Verhältnismäßigkeitsprüfung. Je tiefer ein Verwaltungsakt in die subjektiv geschützte Rechtssphäre der Grundrechtsträgerinnen greift umso höhere Anforderungen werden generell an die sachliche Rechtfertigung gestellt.

          Die Gleichheit vor dem Gesetz ist ggfs auch in Bezug auf die Differenzierung der »common science community« und »open science community« zu überdenken. Wenn für akademisch zertifizierte (professionelle) Naturwissenschafter und Forscher andere gesetzliche Bestimmungen bzgl Einsatz und Nutzung von DIY-Bio-Verfahren gelten als für private DIY-Biologen, dann ist das – vermutlich über den Einzelfall hinaus – sachlich auch nicht gerechtfertigt. Die verfassungsgesetzlich gewährleistete elitäre Befugnis der autonomen[130] Besorgung universitärer Angelegenheiten der Forschung und Wissenschaft in Art 81c B-VG, die durch das UG 2002[131],[132] umgesetzt ist, spielt im gleichheitsrechtlichen Wertekanon keine Rolle.[133] Dasselbe ist auch im Vergleich zu gewerblichen Züchterinnen und Landwirten anzunehmen.

          Würden ungleiche Maßstäbe angelegt, wäre eine solche gesetzliche Ungleichbehandlung nach den VfGH-Prüfformeln zum Gleichheitssatz insb hins des Diskriminierungsverbots, des Differenzierungsgebots und des allgemeinen Sachlichkeitsgebots abzuklären. Das Ableiten spezifischer Diskriminierungsverbote aus dem allgemeinen Gleichheitssatz kann auf einem sozialen Lernprozess beruhen und irgendwann in den politischen Gesetzgebungsprozess einfließen oder gar als autonome Rechtssätze positiviert werden. Es kann aber auch beim bloß moralischen Reflex bleiben, der keine legistische Statusangleichung zweier Personen nach sich zieht.

          Da ungerechtfertigte DIY-Bio-Eingriffe in das besonders geschützte Eigentumsrecht zu erwarten sind, ist auch hier eine Gleichheitsbetrachtung angesagt. Eigentümer könnten einer unterschiedlichen Behandlung durch das Gesetz ausgesetzt sein; so etwa, wenn ihre absolut geschützten Rechtsgüter unterschiedlich bewertete würden.[134] Maßgebend sei die „Betroffenheitsdichte der Normadressaten“ unter Berücksichtigung aller rechtlichen und faktischen Wirkungen.[135] Das Recht auf Eigentumsfreiheit selbst entfaltet keine Drittwirkung.

          Nun ist noch auf einen Satz der L hinzuweisen, der nicht verschwiegen werden darf:

          „Weisen zwei Sachverhalte wesentliche Gemeinsamkeiten und wesentliche Unterschiede auf, so liegt es vielmehr im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, ob er sie gleich oder ungleich behandeln will. Erst wenn die Unterschiede deutlich überwiegen, schlägt die Erlaubnis zur Ungleichbehandlung in ein Differenzierungsgebot um.“[136]

          Diesem Dictum ist bereits ein Logikfehler immanent. Wenn bereits »wesentliche« Differenzen konstatiert werden, ist von keiner Gleichheit mehr zu sprechen. Ggfs kann noch eine Ähnlichkeit bestehen. Derlei argumentative Inkonsequenzen sind entbehrliche Distraktionen.

          8.            Gleichheit „durch“ das Gesetz

          Der Gleichheitssatz enthält folgende Gegenpaare

          Gebot Verbot
          Gleichbehandlung Ungleichbehandlung
          Differenzierung Nichtunterscheidung
          Sachlichkeit Unsachlichkeit

          Tab 5: Gegenpaare des allgemeinen Gleichheitssatzes.

          Der EuGH kam in der Rs C-528/16 zum Schluss, alle neuen Mutagenese-Verfahren bärgen Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt ins sich und seien von der FRL erfasst. Unter dem Postulat der rechtsdogmatischen Zulässigkeit dieses Gleichheitsansatzes, ist, wie iwF noch vielfach aufgezeigt wird, das Gebot der »Gleichheit durch das Gesetz« missachtet worden.

          Für DIY-Biologen ist die »Gleichheit durch das Gesetz« hins der unsachlichen Differenzierung von DIY-Bio-Verfahren und DIY-Bio-Produkten und jenen der klassischen GenTech, aber auch der konventionellen Züchtung, relevant.

          a)            Gleichsetzung der ungerichteten und zielgerichteten Mutagenese

          Die Gleichsetzung von ungerichteter und zielgerichteter Mutagenese ist, wie in der Untersuchung noch mehrfach aufgezeigt wird, eine naturwissenschaftlich unsachgemäße Wertung, der auch eine willkürliche, nicht rechtfertigbare Risikoeinschätzung zugrunde liegt.[137]

          Will man beide Verfahren juristisch als im Wesentlichen ungleiche Methodeneinstufen, so kann man dies – anders als es der EuGH (Rs C-528/16) getan hat – mit Fakten und Daten begründen.

          (1)          Gleichheit

          Bei einem großzügigen Auslegungsmaßstab lässt sich der Gleichheitssatz wie folgt anwenden:

          Indem der EuGH zwei ähnliche biotechnologische Verfahren (ungerichteten und zielgerichteten Mutagenese) dem Regime des GTR unterwirft, nimmt er nur prima vista eine sachlich zu rechtfertigende Wertung vor, weil beide biotechnologischen Methoden als Mutagenese-Verfahren bezeichnet werden.[138]

          Andersherum ausgelegt:

          Die wesentliche Ungleichbehandlung zweier methodisch gleicher Verfahren wäre dann problematisch, wenn die sachliche Rechtfertigung unverhältnismäßig und wissenschaftlich nicht fundiert ist. [139]

          Nach der Prüfungsformel des VfGH – so auch des EuGH – ist der Gesetzgeber verpflichtet „wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich“zu behandeln.[140],[141],[142]

          „Der Gleichheitssatz gebietet, dass Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend ungleich behandelt wird.3 Der VfGH prüft die Gleichheitskonformität von Rechtsvorschriften grundsätzlich nach der Formel, ob sachlich gerechtfertigte Differenzierungen vorliegen. Der Gesetzgeber muss an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen knüpfen; umgekehrt müssen wesentlich ungleiche Tatbestände zu entsprechend unterschiedlichen Regelungen führen.4“[143]

          Unter dem Vorbehalt der Folgenabschätzung sind DIY-Bio-Verfahren zum Wohle der Menschen zu ermöglichen und zu unterstützen. Dies ist primärrechtlich in Art 39 AEUV aber etwa auch völkerrechtlich, etwa in der Präambel zum CP und in Grundsatz 15 der Rio-Erklärung (Vorsorgeprinzip) festgehalten.

          Es besteht kein wissenschaftlicher Zweifel daran, dass ungerichtete Mutagenese-Verfahren generell wesentlich risikobehafteter sind, als ungerichtete (ortsspezifische/zielorientierte). Somit sind moderne Biotechnologie jedenfalls zu fördern. Europa- wie auch völkerrechtlich ist explizit vereinbart, dass sie, sofern sie nicht die biologische Vielfalt oder die Gesundheit von Menschen gefährden, zu unterstützen sind. Als Grundvoraussetzung sind angemessene Sicherheitsmaßnahmen vereinbart. Nun sind die Präventions- und Sicherheitsmaßnahmen bei ungerichteten Mutagenese-Verfahren ungleich zu jenen der GE-Mutagenese-Verfahren. Selbst bei aller technologischer Vorsicht und Raffinesse im Rahmen der ungerichteten Mutagenese-Verfahren können diese niemals an die Sicherheit moderner DIY-Bio-Verfahren herankommen. Selbst »Gen Drive«, das vom Produkt her für die biologische Vielfalt gefährlich werden kann, ist von der Methode her risikoärmer. Jener TdL, der sich, wie auch der EuGH, auf die prozessorientierte Interpretation von GVO versteift, bekommt bereits vor der Interpretation der FRL selbst ein Sachlichkeits- und Gleichheitsproblem.

          Einerseits ist den Argumentationen eines TdL[144] aber auch von Gentechnikgegnerinnen, die auf die Rückkreuzung der nicht intendierten Off-Traget-Effekte anspielen, zu entgegnen, dass in der Praxis nicht alle Effekte aufgespürt und eliminiert werden. Die Unzulässigkeit der Argumentation der Rückzüchtung von Off-target-Effekten bei ungerichteten Mutagenese-Verfahren und des vermeintlichen „long safety records“ gem ErwG 17 zur FRL wird noch in unterschiedlichen methodischen Zusammenhängen aufgegriffen.

          Andererseits – und das ist aus ökologischer und biodiversitärer Perspektive viel gewichtiger – hat sich dann das kollaterale Gefahrenpotential bereits mit der Anwendung eines ungerichteten Mutagenese-Verfahrens verwirklicht. Der Vergleich hinkt nicht bloß gewaltig, sondern geht ins Leere. Letztlich kann man auch nicht sagen, dass die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki unschädlich waren, weil man sämtliche Sachschäden beseitigt und die Städte erneut aufgebaut hat, die Natur sich erholt hat und neue Menschen geboren sind.

          Bei mit neuen GE-Verfahren hervorgebrachten GVO treten Off-target-Mutationen weit seltener auf, als bei im Freiland stattfindenden Verfahren der ungerichteten Mutagenese. Bis dato wurden potentielle Kollateralschäden keinen ausreichenden Langzeitstudien unterzogen, worauf noch im Detail einzugehen ist.[145]

          Das globale Zusammenwirken von DIY-Biologinnen zwecks Erforschung und Entwicklung ressourcenschonender und ökologischer Agrarprodukte ist ein immenser Vorteil ggü rein wissenschaftlicher aber auch industrieller F&E. Es bestehen weder Wissensbarrieren noch Wissensblockaden.[146] Das Humankapital der DIY-Bio übersteigt das aller Megakonzerne zusammen um ein Vielfaches.

          Somit zieht auch das Argument, wonach es dem Gesetzgeber obliege, Sachverhalte einer unterschiedlichen Wertung zu unterziehen – sofern dies auch in einem anderen Zusammenhang geboten sei – auf zwei Wegen in ein und dieselbe Richtung. Gelangte man zu dem Schluss, bloß rudimentär vergleichbare Verfahrensansätze zweier Verfahren führten per se zu keiner wesentlichen Gleichheit, so könnte die Zielkonvergenz zu einer gleichheitsrechtlichen Interpretation führen. Dann aber stünden immer noch die qualitativ und quantitativ wesentlich ungleichen Auswirkungen einer Gleichbehandlung entgegen.

          Beide Verfahren sind vom Ansatz her gleich, allerdings vom Risikopotenzial (Präventions- und Vorsorgeargument) wesentlich ungleich, weshalb eine differenzierende Auslegung gerechtfertigt ist. Beide Methoden sind bereits vom Ansatz her wesentlich ungleich; und zwar mit der jew selben Auslegungskonsequenz:

          Ein und dieselbe Rechtsmaterie kann nicht unterschiedlichen Systementscheidungen unterliegen.[147]

          Da die gesamte FRL im Lichte des Vorsorgeprinzips aufgebaut ist, sind einzelne Definitionen und Bestimmungen bereits dessen eingedenk normiert. Ein Alleinstellungsmonopol ist gerade nicht gegeben. Diese in der L noch strittige Problematik wird noch Detail erörtert.[148]

          (2)          Wesentlichkeit

          Letztlich ist auf den auslegungsbedürftigen Begriff der Wesentlichkeit abzustellen. Wenn zwei biotechnologischen Verfahren iSd GTR wesentlich gleich sein sollen, darf das sich Ausmaß der Off-target-Effekte und der biotechnologischen Präzision nicht wesentlich unterscheiden. Die Wesentlichkeit wird vornehmlich durch qualitative oder quantitative Kriterien bestimmt.[149]

          Nach dem jüngsten EuGH-Urteil (Rs C-528/16) fallen alle GE-Mutagenese-Verfahren in den Anwendungsbereich des GTR. Die Diktion in Anh I B Z 1 zur FRL als Verfahren iSd Art 3 FRL ist uneingeschränkt auf alle Mutagenese-Verfahren zu verstehen.[150]  Die ungerichtete Mutagenese von der FRL auszuschließen, die zielorientierte/ortsspezifische hingegen nicht, ist, wie noch im Detail ausgeführt wird, eine nicht evidenzbasierte undifferenzierte Auslegung, die auf einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Systementscheidung im Rahmen derselben Rechtsmaterie basiert.

          Die Ungleichbehandlung von ungerichteten und gerichteten Mutagenese-Verfahren wäre in Anbetracht des Risiko- und Schadenspotentials und iSd Nachsorgeprinzips (ErwG 19 zur FRL) nur umgekehrt sachlich korrekt und verfassungskonform. Die ortsspezifische Mutagenese kann mit natürlich [biologisch!] auftretenden Mutationen übereinstimmen, ungerichtete Mutagenesen hingegen niemals, dafür streuen sie zu sehr und sind somit wesentlich gefährlicher und schädigender

          (3)          Bioidentität

          Das Wort »ident« ist der Inbegriff der absoluten Gleichheit. Da im Rahmen der Biologie eine absolute Bioidentität nicht bei Zwillingen, ja nicht einmal bei genetischen Klonen, bestehen kann, ist der Begriff iSv systemische Äquivalenz zu relativieren.

          BSN-Verfahren können mit natürlichen Vorgängen im Ansatz wie im Ergebnis absolut gleich sein. Sofern GE-Verfahren mit natürlichen Vorgängen bioident sind oder natürliche [biologische!] Fehlmutationen in Pflanzen gezielt korrigieren, scheint eine unterschiedliche Bewertung mit dem Argument der vermeintlich unzulässigen Verfahrenstechnik fragwürdig.

          Lässt sich eine mit einem GE-Mutagenese-Verfahren hervorgerufene Mutation von einer bioidenten nicht unterscheiden und sind DIY-Bio-Verfahren nicht einmal zu identifizieren oder nachzuweisen, kann man eine Gleichheit schwerlich ungleich reden. Das einzige Differenzierungsmerkmal besteht in exogenen Faktoren, die – ohne Auswirkung auf den durch das GTR geregelten Sachverhalt – beliebig austauschbar sind. Die Frage hat demnach eine andere zu sein und auch die Narrative »Natur« und »Künstlichkeit« einzubeziehen.

          b)            Das Gleichheitsparadoxon

          Das EuGH-Urteil (Rs C-528/16) produziert gleich etliche Gleichheitsparadoxien, von denen eine exemplarisch hervorzuheben ist. Das Ergebnis steht für sich und bedarf keiner Deutung.

          FBsp 17: Sichere Mutagenese und harmlose Off-target-Effekte?

          Landwirt A fährt einen alten Dieseltraktor, der sich kaum noch starten lässt, weshalb er den Motor während seiner täglichen Arbeit am Rande des Ackerfelds im Standgasbetrieb laufen lässt. Die Abgase führen zu unzähligen ungerichteten Zufallsmutationen in den begasten Pflanzen. Die Resistenzgene XYZ eines Wildtyps, die über Jahrtausende im Zuge der vermeintlich natürlichen Züchtung deaktiviert worden sind, werden dabei reaktiviert (Gen-Knockin). Parallel löst er noch unzählige andere Off-target-Effekte aus und zwar auch bei anderen Pflanzensorten, Lebewesen und Organismen.

          Verfahren der chemische Mutagenese sind vom Prinzip und im Ergebnis gleich wie chemische Mutationen, die durch Autogase ausgelöst werden. Die infolge der Begasung veränderte Pflanzensorte ist aber kein GVO iSd Art 2 Z 2 FRL. A bringt einen vom GTR ausgenommenen GVO hervor, weshalb das GTG nicht anwendbar ist.[151] Auch ein rechtwidriges und schuldhaftes Verhalten ist dem Sachverhalt nicht zu entnehmen. Auch ein etwaiger Verstoß gg ein konkretes Schutzgesetz iSd § 1311 Satz 2 Fall 2 ABGB ist nicht auszumachen.[152]

          FBsp 18: Unsichere Punktmutation und gefährliche Off-target-Effekte!

          Landwirt B fährt einen modernen Traktor mit Elektroantrieb, um die Umwelt zu schonen und seine Kulturpflanzen keiner ungerichteten Mutagenese auszusetzen. Aus demselben Grund verwendet er beim Anbau seiner Nutzpflanzen weder Düngemittel, noch Nitrate, noch Herbizide, Fungizide oder Pestizide. Allerdings reaktiviert er mit Hilfe von CRISPR/Cas9 punktgenau ein in der Pflanzensorte stillgelegtes Resistenzgen XYZ eines Wildtyps, das über Jhdt im Zuge der vermeintlich natürlichen (konventionellen) Züchtung deaktiviert worden ist. Sein gezieltes Gen-Knockin unterscheidet sich von Zufallsmutation des Landwirts A qualitativ nicht.  Quantitativ sind die Off-target-Effekte in der Pflanzensorte wesentlich geringer, unmittelbare Kollateralschäden treten überhaupt nicht auf.

          Landwirt B produziert einen (SVO) GVO und verstößt gg § 2 Z 2 und Z 3 GTG und uU gg § 2 B-UHG iVm Z 9 und Z 10 Anh 1 B-UHG.  Darüber hinaus haftet er ggfs nach den §§ 79a ff GTG bzw nach den §§ 1293 ff des ABGB.

          c)             Der Umgang mit theoretischen Widersprüchen und Paradoxien

          Theoretische Widersprüche und Paradoxien lassen sich praktisch selten auflösen. Jeder Versuch scheitert letztlich an der Selbstreferenz. Vortrefflich ist dies am Paradoxon des Epimenides nachzuvollziehen. Angesichts der vielen politischen Lügen-Paradoxien, auf denen auch manches Gesetz aufbaut, ist auch der juristische Umgang damit kein einfacher. Basiert ein Gesetz auf falschen Fakten, so werden Eingriffe in verfassungsrechtlich garantierte Grund- und Freiheitsrechte sachlich nicht zu rechtfertigen sein.

          Juristen haben legistische Rechtswidrigkeiten auf Verfassungskonformität zu prüfen.

          FBsp 19: Paradoxon des Epimenides.

          Es hat einer von ihnen gesagt, ihr eigener Prophet: „Die Kreter sind immer Lügner, böse Tiere und faule Bäuche.“[153]

          Die Antinomie hält solange an, als sich kein logischer Widerspruch nachweisen lässt. Die Begriffspräzision, die etwa auch bei der juristischen Auslegung eines Begriffs zu erfolgen hat, hängt von der jew Leseart ab. Eine enge Interpretation, die davon ausgeht, Kreter lögen ausnahmslos und immer, löst die Antinomie nicht per se auf, entlarvt jedoch Epimenides, der selbst Kreter ist, als Lügner.

          Kommt es nicht darauf an, ob ein Gesetz oder ein Judikat auf wahren oder falschen Tatsachen beruht, kann nicht mit einem faktenbasierten logischen Widerspruch argumentiert werden.

          Stehen bleibt ein ungerechtes und gleichheitswidriges Recht.

          Ist eine Behauptung einmal aufgestellt, wonach gv-Verfahren und GVO-Produkte grundlegend gefährlich seien, so ist den generalisierenden Falschaussagen innerhalb eines Lügenkomplexes argumentativ nichts entgegenzusetzen.

          FBsp 20: Pinocchios Lügen-Paradoxon.

          Bekanntlich wächst Pinocchios Nase sobald er lügt. Was aber, wenn er behauptet, seine Nase wachse gerade? Lügt er dann oder spricht er die Wahrheit?

          Was philosophisch interessant scheint, führt dann zu unauflösbaren juristischen Problemen, wenn die Rechtswissenschaften sich nicht aus ihrem Methodenbunker befreit.

          Wenn bereits ein Gesetz auf falschen faktischen Grundlagen aufbaut, werden zwangsläufig auch die Gerichte Schlüsse ziehen und Urteile fällen, die reale Gegebenheiten ignorieren und Fakten konterkarieren. Abseits des Rechtssystems könnte man sie einfach ignorieren und die »Lügen« solange abbauen oder verdrängen, bis der Widerspruch irgendwann bemerkt wird.

          Zur Hilfe kommen hier die unzähligen Dicta und Judikaturformeln des VfGH, in denen er auf den immensen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Legislative hinweist, auf die hier nicht einzeln einzugehen ist.[154]

          Gerade die Rechtswissenschaften sollten derartige Widersprüche nicht einfach stehen lassen. Sie haben mit derlei Paradoxa pointiert und arriviert umzugehen. Als Kontrollsystem einer funktionierenden Rechtsstaatlichkeit und einer funktionierenden gerechten Justiz, müssen Juristinnen die jew ratio legis mit neuen DIY-Bio-Sachverhalten auch wissenschaftlich korrekt abgleichen. Es sind dabei nicht nur die Symptome mit allen rechtsdogmatisch zulässigen Mitteln und Kunstgriffen zu sezieren, sondern auch die Ursachen der Paradoxa zu modifizieren und letztlich auch zu transformieren.

          Auf das Paradoxon des Epimenides umgemünzt hieße dies, er könne seine Kredibilität zurückgewinnen, indem er seine Herkunft korrigiert und bekennt Rhodier zu sein.

          Für den Erhalt fehlerhafter und auf Unwahrheiten (faktischen Lügen) aufbauender Gesetze und einer iwF auch unsachlichen und kontrafaktischer Jurisdiktion heißt dies:

          Was nicht reguliert und gelenkt werden kann, ist in einer Weise zu modifizieren, welche die Judizierbarkeit des Rechts – trotz aller Paradoxa[155] – garantiert.

          d)            DIY-Biologinnen und Biologen

          Der Gesetzgeber hat die Haftung für Schäden an bzw Beeinträchtigungen der Umwelt für den privaten Hobbybereich bewusst aus dem Regelungskonzept des B-UHG ausgenommen. Dieses Vorgehen könnte nunmehr gleichheitswidrig werden, weil die allgemeine Verfügbarkeit und praktischen Anwendbarkeit von DIY-Bio-Verfahren, also die DIY-Bio, nunmehr auch Privatpersonen in die Lage versetzen (»Große Grüne DIY-Bio«), einen Öko-Schäden größeren Ausmaßes zu verursachen,[156] womit jeder Schädiger (Verursacherprinzip) erfasst sein müsste.[157],[158]

          Wenn Biologen im Rahmen ihrer „beruflichen Tätigkeit“ unter Anwendung neuer BSN-Methoden Öko-Schäden verursachen, fallen sie unter das Regime des Umwelthaftungsrechts; DIY-Biologen, die denselben Schaden anrichten, hingegen nicht.

          Die Einschränkung auf die in § 2 Abs 1 uVwa Anh 1 B-UHG angeführten „beruflichen Tätigkeiten“ ist sachlich zu überdenken und auf die Verhältnismäßigkeit zu überprüfen, da die Ziele der „Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden“ nach § 1 B-UHG nicht mehr erreicht werden können.

          Akademisch ausgebildete Biologinnen werden in gut ausgestatteten und sicheren Laboratorien wesentlich seltener Öko-Schäden verursachen als DIY-Biologen. Zudem haben sie alleine in Europa auf etwa 450 Biodatenbanken Zugriff. Dies indiziert den Handlungsbedarf des Gesetzgebers.[159]

          Auch dem zivilen Haftungsrecht kann bei DIY-Bio-Öko-Schäden keine äquivalente Ausgleichsfunktion zukommen, weil die Leistungsfähigkeit schädigender DIY-Biologinnen sehr beschränkt ist.[160]

          FBsp 21: Ausfallshaftung des Eigentümers nach dem Umwelthaftungsrecht.

          • 4 Z 5 B-UHG normiert eine Ausfallshaftung des Eigentümers,[161] was im Ergebnis bizarr anmutet. Angenommen ein Eigentümer111 hat seine Liegenschaft an ein BioTech-Unternehmen verpachtet, das als juristische Person nicht mehr existiert, also keine DIY-Bio-Verfahren mehr anwendet und als „bisherige Betreiberinnicht mehr herangezogen“werden kann.

          Es haftet der Eigentümer im Falle der vorangegangenen „freiwilligen Duldung“ und des „Unterlassens von zumutbaren Abwehrmaßnahmen“ für etwaige Umweltschäden.

          Würde ein DIY-Biologe als Pächter denselben Schaden verursachen, bestünde keine Ausfallshaftung, da DIY-Biologen keine Betreiber iSd Norm sind.[162]

          Eine Differenzierung der Ausnahmetatbestände könnte durchaus eine Verletzung des allgemeinen Sachlichkeitsgebots bedeuten, weil keine sachlichen Gründe vorliegen, die dem Gesetzgeber ein rechtsdogmatisch vertretbares Abweichen vom Gleichheitssatz einräumen.[163]

          • 2 Abs 4 B-UHG kann mit dem Verweis auf das Schadensersatzrecht des ABGB die Ungleichheit durch das Gesetz nicht wettmachen, zumal das Verursacherprinzip im Umwelthaftungsrecht wesentlich schärfere Haftungsvoraussetzungen schafft, als das Verschuldensprinzip des ABGB.

          Die Rationalität in der Gesetzgebung beinhaltet auch ein Mindestmaß an Sicherheit. Der mitunter wesentlich unterschiedlichen Leistungsfähigkeit von Betreibern iSd B-UHG und DIY-Biologen könnte durch unterschiedliche, abgestufte Rechtsfolgen (iSv Haftungshöchstgrenzen, Deckungsfonds) entsprochen werden.[164]

          e)            Auslegungsproblematik im Lichte des Gleichheitsaspekts

          Unsicherheiten oder Unklarheiten im Gesetzestext über die Auslegung von Begriffen, sind durch eine konkretisierende Rsp auszugleichen, womit auf nationaler Ebene der VfGH und auf europäischer der EuGH mit der Überprüfung einer verfassungs- bzw unionsrechtswidrigen Auslegung eines Gesetzes zu befassen sind. Die Bindung des österr Gesetzgebers an das Gleichheitsgebot bedeutet auch die Wahrung der Gleichheit durch das Gesetz.

          Bedenkt man, dass sich mittels Punktmutation modifizierte Pflanzen durch nichts vom natürlichen [biologischen!] Pendant unterscheiden, sofern das Ausgangsgenom reproduziert wird, liegt eine sachliche Ungleichbehandlung zwei substanziell äquivalenter Endprodukte, in concreto zweier bioidenter Organismen vor,[165] mögen die Verfahren dahinter auch unterschiedlich sein.[166] Zumal die Verfassung dazu nichts Näheres verrät, obliegt dem Gesetzgeber die wertende Konkretisierung der Wesentlichkeit bzw Unwesentlichkeit, jedoch unter Berücksichtigung des Ziels der jew Regelungsmaterie.[167] Gelangt ein Höchstgericht zu keinem eindeutigen Schluss und konkludiert daher pauschal, GVO wären sowohl produkt- als auch verfahrensorientiert zu interpretieren, läuft es Gefahr den Gleichheitssatz zu großzügig zu interpretieren. Ein punktuelles Abweichen innerhalb eines Regelungskomplexes (GTR) müsse in der Sache zu begründen sein, um ein „Mindestmaß an Rationalität in der Gesetzgebung“ sicherzustellen.[168]

          Ist eine sachliche Rechtfertigung für eine Differenzierung von GVO-Produkten bzw gv-Verfahren und bioidenten Produkten und/oder natürlichen [biologischen!] Vorgängen ohne eine gesetzliche Ungleichbehandlung beider Sachverhalte iSd Sachlichkeitsgebots überhaupt denkbar?

          Der Rsp des VfGH zufolge müsste die Differenzierung nach rein rationalen Erwägungsgründen beurteilt werden, ohne Vergleichsmaßstäbe heranzuziehen oder gar die Zweckmäßigkeit einer Norm zu hinterfragen. Die Einschätzungen hins vorhandener De facto-Unterschiede hat das sog Wesentlichkeitskriterium zu berücksichtigen. Sie entscheiden über die Zulässigkeit einer rechtlichen Differenzierung.[169]

          Naturwissenschaftliche Fakten ergeben, dass zwei bioidente Produkte (Nutzpflanzen), gleich ob sie mit Methoden der konventionellen Züchtung, der zulässigen GenTech oder mit neuen BSN-Verfahren hergestellt werden, nicht unterschiedlich zu bewerten sind.  Nur wenn die eingesetzten Verfahren per se unterschiedliche Gefährdungspotenzial aufweisen, lässt sich die Ungleichbehandlung rechtfertigen.

          Der EuGH beurteilt jedoch ungerichtete Mutagenese-Verfahren gefahrenbehafteter und risikoreicher als zielgerichtete, was noch widerlegt wird.[170] Im Ergebnis steht eine sachlich ungerechtfertigte Unterscheidung des GVO-Produkts, während dennoch eine unsachliche Unterscheidung der zugrundeliegenden GE-Mutagenese-Verfahren selbst getroffen wird.

          Ist das Gefahrenpotenzial der natürlich auftretenden Mutationen mit jenem aus BSN-Verfahren nach wissenschaftlichen, empirisch belegbaren Daten vergleichbar, besteht auch kein sachlich zu rechtfertigender Grund, moderne DIY-Bio-Verfahren ungleich zu behandeln.

          Bei der Abwägung von auf natürliche Weise [biologisch!] vorkommenden Mutationen zu synthetisch hervorgerufenen sind dieselben Maßstäbe anzusetzen. Ist das Endprodukt bioident, kann aus dem Gleichheitsargument heraus kein GVO bzw keine GVP vorliegen.

          Der Gesetzgeber selbst führt als Argument für die Ausnahmeregelung von „Verfahren der ungerichteten Mutagenese“ an,[171] dass die genetischen Veränderungen auch auf „natürliche Weise“ [biologisch!] vorkommen können. Nun können zielgerichtete GE-Mutagenese-Verfahren sowohl bioidente[172] iSv substanziell äquivalenten Pflanzen hervorbringen als auch mit jenen der ungerichteten Mutagenese-Verfahren übereinstimmen.

          Die Auswirkungen von ungerichteten Mutagenese-Verfahren auf andere Lebewesen und Organismen kommen hingegen weder in der Natur noch bei GE-Verfahren in vergleichbarer Art vor. Bei Anwendung eines Größenschlusses würde die Interpretation des EuGH auf den Kopf gestellt. Die Versteinerung der ungerichteten Mutagenese-Verfahren ist, wie noch im Detail aufgezeigt und belegt wird, nicht nur unzulässig, sondert gefährdet gleich mehrere Grundprinzipien des GTR.

          9.            Staatliche Schutzpflicht

          Schutzpflicht richten sich – wie auch Abwehrrechte – an das Konstrukt Staat, der das Pendant zum Bürgertum bildet. Grundrechte berechtigen ergo Bürgerinnen und verpflichten den Staat.  Sofern es um Abwehrrechte geht, ist der Staat als Initiator potentieller Gefahren zu sehen. Die unterschiedlichen Funktionen wirken prima vista widersprüchlich. Der Staat ist einerseits Garant für die Wahrung subjektiver Verfassungsrechte und andererseits auch Opponent von Abwehrrechten. Institutionell gesehen, spielt hier die Gewaltenteilung hinein. Sie soll dafür sorgen, dass rechtswidrig agierende Staatsorgane durch unabhängige Staatsorgane einer anderen Gewalt kontrolliert werden. Die Unabhängigkeit ist gerade im Gerichtswesen und hier insb im Verwaltungswesen eher theoretischer Natur. Richterinnen sind zwar geschützt und weisungsungebunden, allerdings dienstrechtlich leit- und lenkbar. Staatsanwaltschaften sind als von den Gerichten getrennte Organe weisungsgebunden. Hier sind die hierarchischen Weisungsinstanzen die OStA und letztlich der BM für Justiz (BMJ). Die Ministerverantwortlichkeit des BMJ bedeutet, dass dem demokratisch gewählten Parlament Rechenschaft abzulegen ist. Entscheidungen der StA sind, anders als bei nicht höchstinstanzlichen Gerichten, – mit Ausnahme des Weges zum EGMR – nicht mit Rechtsmitteln zu bekämpfen.

          Die staatliche Verpflichtung zum Schutz der Bevölkerung ist grds ein verfahrensrechtlicher, was für sich genommen noch kein Verfahren bedingt. Dem Staat kommen nicht bloß Schutzpflichten zu, sondern auch die „Pflicht, Wissenschaft und Forschung va iSd Daseinsvorsorge“ zu fördern. Diesen Pflichten kommt er in vielen Bereichen durchaus nach.[173] Der Gesetzgeber könnte die generelle Zulässigkeit gewisser DIY-Bio-Verfahren unter dem Aspekt des öffentlichen Interesses einer Überprüfung im Verwaltungsverfahren unterwerfen, während er den Zivilgerichten die Beurteilung der Zulässigkeit von konkreten DIY-Bio-Eingriffen in subjektive Rechtspositionen Dritter überantwortet. Die fehlende Grundrechtswirkung inter privatos[174] und das Verfassungsgebot der klaren Zuständigkeitsverteilung[175] schlagen hier durch.

          DIY-Bio-gefährdete Person könnten selbst nach der sog „Schutznormtheorie“[176],[177] aus dem öffentlich-rechtlichen Schutz (Gemeinwohl) keine direkte Verletzung subjektiver Rechte ableiten. Einer Norm sei ein subjektives Recht abzuleiten, sofern diese „Norm des objektiven Rechts der Behörde eine Pflicht deshalb auferlegt, weil diese (auch) im Interesse bestimmter, im Besonderen Betroffener und nicht nur im Interesse der Allgemeinheit liegt.“[178] Allerdings stünden dem Einzelnen im Rahmen des Gesundheitsschutzes besondere „Beschwerdelegitimationen“ zu,[179] die sich bereits aus Art 35 GRC ergeben.

          Selbst im Bereich des Eigentumsschutzes könnten sich „Privatpersonen vor Gericht möglicherweise auf das EU-Umweltrecht“ berufen.[180] Betrachtet man dieses Verständnis unter dem Aspekt des Vorsorgeprinzips[181] nach § 3 Z 1 GTG und im Lichte der Spruchpraxis des EGMR zur Art 8 EMRK in Konkordanz zu Art 7 GRC,[182] so wäre einzelnen DIY-Bio-gefährdeten Personen eine Betroffenheitsdichte hins der Gewährleistung staatlicher Schutzpflichten zuzubilligen.

          Selbst Art 9 Abs 3 Aarhus Konvention (AK)[183] liefert keinen unmittelbaren subjektiven Anspruch auf Rechtssetzung. Der Individualschutz gg Auswirkungen der DIY-Bio lässt sich auf diesem Wege nicht erweitern. Die Einbindung einer aktivlegitimierten Umwelt-NGO wäre im Fall einer rechtlich nicht geregelten DIY-Bio-Gefährdung wohl die rechtspraktikabelste Lösung.

          Ö hat iSd Art 2, 3, 5 sowie 8 EMRK die Pflicht, Präventionsmaßnahmen zum wirksamen Schutz der Menschen zu ergreifen. So hat auch schon der EMRK geurteilt.[184] Die verfassungsrechtliche subjektive Schutzgarantie des Rechts auf Leben stützt sich in Ö auf Art 2 EMRK, 6 ZP EMRK. Wie bereits bei der Würde des Menschen moniert, wartet auch hier die österr Verfassung mit keinem Grundrechtsäquivalent auf. Der VfGH selbst argumentiert hierbei sogar mit Art 85 B-VG, also der Abschaffung der Todesstrafe, woraus sich jedoch keine staatliche Schutzpflicht ableiten lässt. Auch hier erweist sich D mit Art 2 Abs 2 GG als wesentlich modernerer und aufgeschlossener Staat. Immerhin anerkennt der VfGH die GRC zT „als verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte Prüfungsmaßstab in Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof“.[185] Damit sind Anträge auf eine Normenkontrolle iSd Art 139 und 140 B-VG[186] oder Beschwerden nach Art 144 B-VG gemeint. Ein anderer TdL und Jud nehme subjektive Rechte an, wenn dem Schutz der Interessen einzelner Bürgerinnen gedient sei.[187] Auf andere Lehr- und Prüfformeln ist im Untersuchungskontext nicht einzugehen.[188]

          Individuelle (subjektive) Interessen lassen sich immer auch als öffentliches Interesse interpretieren, vice versa. Da subjektive Parteistellungen bzw auch Beschwerdebefugnisse nicht durchgehend in objektiven Normen eingeräumt sind, ist ein gesetzlicher Rechtsschutz nur zT gewährleistet. Die Schutznormtheorie wird von einem TdL nicht zu Unrecht als beliebiger „Jolly Joker“ bezeichnet.[189]

          Ein »Bundesverfassungsgesetz über das Grundrecht auf Gesundheit«, wie es am 20.03.1996 über einen Initiativantrag in NR bereits eingereicht worden war, ist bis heute nicht umgesetzt.[190]

          In Art 3 heißt es:

          (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Achtung seiner Gesundheit.

          (2) Bei einer Gefährdung oder Beeinträchtigung der Gesundheit durch staatlich geregeltes

          Handeln steht den Betroffenen ein Recht auf Einhaltung der zum Schutz der Gesundheit

          erlassenen generellen Normen zu. Jeder Mensch hat das Recht, dies in einem Verfahren

          durchzusetzen.

          (3) Das Grundrecht auf Gesundheit umfaßt das Recht der Betroffenen auf ein Tätigwerden des Verordnungsgebers, ist eine Gefährdung oder Beeinträchtigung der Gesundheit schwerwiegend, auch das Recht auf ein Tätigwerden des säumigen Gesetzgebers.

          Ein solches Bundesverfassungsgesetz scheint angesichts des Biotechnologischen Fortschritts und der abzusehenden DIY-Bio-Gefahren notwendiger, denn je.

           

           

           

           

          1. Abschnitt

           

          Europäisches Gentechnikrecht (FRL/SystemRL)

          [1]        Vgl Verfassungsausschuss der »Deutschen Verfassungsgebenden Nationalversammlung« in Frankfurt am Main aus dem Jahre 1848/1849 (gebildet am 24.05.1848, Vorlageaufnahme in die Frankfurter Reichsverfassung am 28.03.1849). 181 Sitzungen brachten die Vorentwürfe zur Forschungsfreiheit des Art 17 StGG 1867 zutage.

          [2]        Huber E., Reform und Restauration 1789-1830, in: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, zweite Auflage, Kohlhammer Verlag, Stittgart 1975, 502-586 (820); Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, I2 aus 1960, 732-739 sowie 739-742.

          [3]        StGG 1867, RGBl Nr 142/1867.

          [4]        Kröll Th., Der digitalisierte Forsche, ALJ 2/2017, 72 f (71–84).

          [5]        VfGH 03.10.1956, B74/56, VfSlg 3068/1956.

          [6]        VfSlg 13.978/1994; 18.763/2009.

          [7]        VfSlg 3068/1956.

          [8]        VfSlg 8136/1977; 13.978/1994.

          [9]        VfSlg 8136, 13.978.

          [10]      Schutz Eingriffen durch das Dienst-, Arbeits-, Studienrecht uem.

          [11]      Mayer in Mayer, UG2.03 Art 17 StGG, III (Stand 1.9.2014, rdb.at); Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht, Rz 1334 ff; VfSlg 8136.

          [12]      Kröll in Kneihs/Lienbacher. Art 17 Abs 1, 5 StGG Rz 123–127

          [13]      Ebda Rz 130 f.

          [14]      EbdaRz 117 und 119 mwN.

          [15]      Ebda, Rz 128 ff.

          [16]      Mayer in Mayer, UG2.03Art 17 StGG, IV; VfSlg 13.978 mwN.

          [17]      Vgl dazu etwa Di Fabio, Sicherheit und Freiheit, NJW 2008, 421 ff oder auch Hoffmann-Riem, Sicherheit braucht Freiheit, in: Kritische Justiz, Verfassungsrecht und gesellschaftliche Realität, 2009, 54 ff.

          [18]      Art 1 GRC „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen.“

          [19]      Vgl auch Art 1 GG.

          [20]      Schutz des Hausrechts, Recht auf Achtung des Privatlebens und des Familienlebens, Recht auf Achtung der Wohnung.

          [21]      Vgl insb Kröll in Kneihs/Lienbacher (Hrsg), Rill-Schäffer-Kommentar zum Bundesverfassungsrecht, 13. Lfg 2014, Art 17 Abs 1, 5 StGG Rz 117 und 119 mwN.

          [22]      Siehe zum sachlichen Schutzbereich: Kröll in Kneihs/Lienbacher, Art 17 Abs 1, 5 StGG, Rz 33–37.

          [23]      [Abbildung des Verfassers!].

          [24]      StF: BGBl. I Nr. 170/1998, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 33/2003.

          [25]      StF: BGBl I Nr 149/1999.

          [26]      Binder/Trauner, Grundlagen, Rz 504-507, 520-522a.

          [27]      VfSlg 13.978/1994, 14.923/1997.

          [28]      Siehe etwa Hengstschläger, Grundlagenforschung im Spannungsfeld zwischen Forschungsfreiheit und Kontrolle in Körtner/Kopetzki/Druml (Hrsg), Ethik und Recht in der Humanforschung, 2010, 206 ff; Koptetzki, Grundrechtliche Aspekte der Biotechnologie am Beispiel des „theapeutischen Klonens“, in: Kopetzki, Mayer (Hrsg), Biotechnologie und Recht, 2002, 15, 52 ff; zur Forschungsfreiheit bei gentechnischen Verfahren siehe Huber, Stelzer, Öffentliche Rechtsfragen der Gentechnologie, Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung (Hrsg), Gentechnologie im österreichischen Recht, 1991, 1, 26 ff; Pöschl, Von der Forschungsethik zum Forschungsrecht: Wie viel Regulierung verträgt die Forschungsfreiheit?, in: Körtner/Kopetzki/Druml (Hrsg), Ethik und Recht in der Humanforschung (2010) 90

          [29]      BVerfG 47, 327 (Hessisches Universitätsgesetz).

          [30]      VfSlg 10.737/1985. (§ 3 Fremdenpolizeigesetz, BGBl Nr 75/1954 im Verhältnis zu Art 8 EMRK; Kundmachung am 11. März 1986, BGBl. 141/1986).

          [31]      Siehe dazu Öhlinger T., Eberhard H.., Verfassungsrecht12,  facultas, Wien 2019, 95 ff und 265 ff (536); Öhlinger, Legalitätsprinzip  und Europäische Integration, in Österreichische Parlamentarische Gesellschaft (Hrsg), FS 75 Jahre Bundesverfassung, Verlag Österreich 1995, 635 ff (643).

          [32]      [Darstellung des Verfassers!].

          [33]      Schutz des Lebens und der körperlichen Integrität iSv Art 2 EMRK, Art 1 6. ZP und 13. ZP EMRK oder der persönlichen Freiheit nach Art 5 EMRK, BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit.

          [34]      Eine bioethische Würde ist nicht einmal vom BVG-Umweltschutz erfasst.

          [35]      [Darstellung des Verfassers!].

          [36]      VfSlg 17.331/2004, 14.324/1995.

          [37]      BVerfG, 115, 320, 360-361 (Präventive Rasterfahndung) „Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ermächtigungsgrundlage richten sich nach dem Gewicht der Beeinträchtigung, das insbesondere von der Art der erfassten Informationen, dem Anlass und den Umständen ihrer Erhebung, dem betroffenen Personenkreis und der Art der Verwertung der Daten beeinflusst wird.“

          [38]      Siehe auch Pressefreiheit und Zensurverbot (Z 1 u Z 2 des Beschlusses der provisorischen Nationalversammlung vom 30. Oktober 1918);

          [39]      So schon Ipsen, Gleichheit, in Neumann/Nipperdey/Scheuner (Hrsg), Die Grundrechte. Handbuch der Theorie und Praxis der Grundrechte II, 1954, 111 bis 143. Zur Drittwirkung des Gleichheitssatzes (dt Bundesverfassung).

          [40]      Siehe zur Drittrechtsproblematik Belling, Herold, Kneis, in: Badó A., W. Belling D.W., Rechtsentwicklungen aus europäischer Perspektive im 21. Jahrhundert, Universität Potsdam 2014, 53-111-

          [41]      Art 51 Abs 1 GRC „Jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten muss gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.“ [Hervorhebung durch den Verfasser!].

          [42]      Zippelius, Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, 33. Auflage, C.H.BECK, 2018, § 17 Rz 39, (664); BVerfGE 46, 160, 164.

          [43]      Es ist vorauszuschicken, dass die Kontrolldichte hins Strafverfahren und Zivilverfahren iSv „civil rights“ nach Art 6 EMRK differenziert zu betrachten ist. VfGH 27.06.2017, A 17/2016 (Beschluss, Rz 4.4) „weitgehenden Unüberprüfbarkeit durch die Verwaltungsgerichte“, uVwa Holoubek M., Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2013, 127 (134 ff) oder „die Kritik an der von manchen Autoren als zu streng empfundenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Nachprüfung von Abwägungsentscheidungen“ bei Eberhard H., Pürgy E., Ranacher Chr., Rechtsprechungsbericht: Landesverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof, ZfV 2015, 70-64.

          [44]      Ebda.

          [45]      Vgl dazu Klein O., Das Untermaßverbot – Über die Justiziabilität grundrechtlicher Schutzpflichterfüllung, JuS 2006, 960-964.

          [46]      Vgl Jelinek G., System der subjektiven öffentlichen Rechte2, 2., durchgesehene und vermehrte Auflage von 1905, Kersten J. (Hrsg), Mohr Siebeck, Tübingen 2011; kritisch etwa Berka, Die Grundrechte. Grundfreiheiten und Menschenrechte in Österreich, Springers Handbücher der Rechtswissenschaft, German Edition, Springer Verlag, Wien, New York 1999, Rz 88 mwN (622).

          [47]      Kategorisierung: Status subiectionis, status negativus/libertatis (Abwehrrechte), status positivus/civitatis (Bürgerrechte) und status activus

          [48]      VfSlg 13.102/1992.

          [49]      Kafka, 2. ÖJT 1964, II/2, 6 (12).

          [50]      BVerfGE 39, 1 (42 ff) = EuGRZ 1975 126.

          [51]      Khakzadeh-Leiler L., Die Grundrechte in der Judikatur des Obersten Gerichtshofs, 26-29.

          [52]      Statistik Austria, 2019, „D1 Gegenüberstellung der Verurteilungen nach strafsatzbestimmenden Normen und sämtlicher einer Verurteilung zugrundeliegender Delikte nach Geschlecht 2019.“

          [53]      OGH 12.08.2004, 1 Ob 231/03g „Ein Rechtsanspruch des Einzelnen auf Erlassung bestimmter Gesetze ist außerhalb des Bereichs des Gemeinschaftsrechts weder dem Bundes-Verfassungsgesetz noch einfachen Gesetzen, wie insbesondere dem Bundesministeriengesetz, zu entnehmen.“

          [54]      So bereits Julius von Kirchmann 1847.

          [55]      Vgl dazu Wille M., Logischer Positivismus: Rudolf Carnap und der Wiener Kreis, in: Urbich J., Zimmer J. (Hrsg), Handbuch Ontologie. J.B. Metzler, Stuttgart 2020.

          [56]      Dbzgl ist bereits jetzt auf die im Frühjahr 2022 erscheinende wissenschaftliche Arbeit des Verfassers „Restrictions and Bans for Research in the Fields of DIY-Biology versus Academic Freedom and Responsibility due to the European Environmental Law“ hinzuweisen, die sich der Thematik aus einer distanzierten Distanz und aus der Warte des anglosächsischen Rechts widmet; siehe dazu auch Reiter G.G., SynBio and DIY-Bio, BioLaw Pub., Washington D.C. 2018.

          [57]      Ferner ist die ebenfalls 2022 erscheindende Arbeit Vöckenys „How to Regulate Disruptive Technologies – Biotech and AI Governance“ sowie „Rechtliche und rechtsethische Fragen der Genomeditierung“ anzukündigen; Vöneky Sylvia, Universität Freiburg, Völkerrecht, Rechtsvergleichung und Rechtsethik.

          [58]      VfSlg 19690/2012.

          [59]      VfSlg 19904/2014; siehe auch VfSlg 19964/2015.

          [60]      VfSlg 19950/2015 „Dem VfGH ist es verwehrt, die angefochtenen Bestimmungen mit ähnlichen Bestimmungen aus den Rechtsordnungen anderer Staaten zu vergleichen und daraus eine wie immer geartete „Ungleichbehandlung“ (gegenüber Nachbarländern) abzuleiten.“

          [61]      EuGH 14.07.1994, Rs C-91/92, Slg 1994-I, 3325; Arndt/Fischer/Fetzer, Fälle zum Europarecht8, C.F. Müller 2015, 37-44.

          [62]      Arndt/Fischer, Europarecht12, C.F. Müller 2019, 80 f; Thiele, Europarecht, 117.

          [63]      EuGH 05.02.2004, Rs C-157/02 (Asfinag); nicht vollständig umgesetzte Richtlinie.

          [64]      Pöschl M., Gleichheitsrechte § 14, 566 Rn 31.

          [65]      „Der Gleichheitssatz setzt dem Gesetzgeber insofern verfassungsrechtliche Schranken, als er ihm verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen“ VfSlg 13743, 11369 mwN ua; VfSlg 20042/2016 VfSlg 20072/2016.

          [66]      VfGH 10.12.2013, G 16/2013; VfSlg 7182/1973; 8328/1978; VfSlg 11.369/1987; 8457/1978, 10.064/1984, 10.084/1984 uvm.

          [67]      Pars pro toto: Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht11,  facultas Verlag, Wien 2016, Rz 760: „Der Gleichheitssatz ist heute die praktisch wirksamste Schranke der Gesetzgebung überhaupt.“

          [68]      Pöschl M., Gleichheitsrechte § 14, 526 Rn 12; 527 Rn 14; 539 Rn 36.

          [69]      Der Gleichheitsaspekt in Bezug auf die DIY-Bio muss aus kontextuellen Gründen in den jew Kap herausgearbeitet werden. Die Ergründung von Sinn und Bedeutung des Gerechtigkeitsaspekts sprengte den Rahmen der Untersuchung und muss daher offenbleiben. Auch Gerechtigkeitstheorien können hier nur rudimentär abgehandelt werden, weshalb auf bestehende Monografien zu verweisen ist.  Die wohl am meisten bedeutenden Protagonisten sind: Sokrates, Platon, Aristoteles, Epikur, Cicero, Augustinus, Thomas von Aquin, Martin Luther, Thomas Hobbes, John Locke, David Hume, Jean-Jacques Rousseau, Immanuel Kant, Karl Marx, Walter Benjamin, Friedrich August von Hayek John Rawls, Ronald Dworkin, Robert Nozick, Bruce Acker man, David Gauthier, Thomas M. Scanlon, Jürgen Habermas, Jacques Derrida, Axel Honneth, Amartya Sen, Reinhold Zippelius.

          [70]      Trotz des B-VGNTU und etlicher Umweltgesetze sind ökozentrische Ansätze im österr Rechtsystem zu schwach ausgeprägt. In der Wissenschaft mehren sich die Stimmen jener, die für eine Eigenrechtlichkeit der Natur plädieren. Es geht idR um Gerechtigkeit im rein politisch-ethischen und rechtspolitisch-anthropozentrischen Sinne und weniger um rein ökozentrische Werte bzw holistische oder bioethische Aspekte.

          [71]      „Der Mensch ist das Maß aller Dinge, der Seienden, dass sie sind, der Nichtseienden, dass sie nicht sind.“ Homo-Mensura-Satz: Zitat des Protagoras nach Diels H., Kranz W. (Hrsg), Fragmente der Vorsokratiker 80B1 = Platon, Theaitetos 152a, im altgriechischen Original: „πάντων χρημάτων μέτρον ἐστὶν ἄνθρωπος, τῶν μὲν ὄντων ὡς ἔστιν, τῶν δε οὐκ ὄντων ὡς οὐκ ἔστιν.“

          [72]      Der Frage nach Gleichheit bzw Ungleichheit von Mutagenese-Verfahren wird im Rahmen der Besprechung des EuGH-Urteils (Rs C-528/16) und im Untersuchungsteil zu den Schutzlücken im GTR, aber auch bei der Besprechung des DIY-Bio-Haftungsrechts mehrfach nachgegangen.

          [73]      „Dem einfachen Gesetzgeber ist es jedoch durch den Gleichheitssatz nicht verwehrt, seine jeweiligen rechtspolitischen Vorstellungen im Rahmen vertretbarer Zielsetzungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verwirklichen“, VfSlg 13743; 7973 mwN ua [T4], SZ 2002/151.

          [74]      VfGH 26.09.2017, G 39/2017; VfGH 29.09.2017, G 44/2017 ua sowie VfSlg 19808/2013, 19875/2014, 19904/2014, 19950/2015, 20011/2015, 20032/2015, 20033/2015, 20042/2016, 20065/2016, 20073/2016.

          [75]      Hiesel M., Die aktuelle Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zum Gleichheitssatz, AnwBl 2018/174, 503 Fn 16.

          [76]      Vgl Hiesel M., Die aktuelle Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zum Gleichheitssatz, AnwBl 2018/174, 502; Pöschl M.,§ 14 Grundrechte; 536 mwNw in Fn 80 bis 82.

          [77]      Siehe Pöschl M., Grundrechte § 14, 539 Rz 37.

          [78]      Ebda, 550 f Rz 57.

          [79]      VfSlg 17.77/2003, 18.775/2009, 18.706/2009 („unverhältnismäßige“ Sanktion) und VfSlg 19.014/2010 („sachlich nicht gerechtfertigt[e]“ Sanktion).

          [80]      VfSlg 10.517/1985, 10.812/1986, 12.151/1989, 16.564/2002, zT auch 18.706/2009.

          [81]      VfSlg 19414/2011.

          [82]      Dworkin R., Bürgerrechte ernstgenommen, Suhrkamp 1984, 298 ff et passim (592).

          [83]      „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen.“

          [84]      Kant I., Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, 1785, in: Gesammelte Schriften. Hrsg: Bd. 1-22 Preussische Akademie der Wissenschaften, Bd 23 Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, ab Bd 24 Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Berlin 1900 ff., AA IV, 421 | GMS, BA 52 „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

          [85]      Dt: Urzustand.

          [86]      Dt: Schleier des Nichtwissens.

          [87]      Rawls J., A Theory of Justice. Revised Edition. Belknap Press of Harvard University Press, Cambridge MA 1999, 118.

          [88]      Pöschl M., 540 Fn 111, 568 ff und 583 ff; Merli, Die allgemeine Handlungsfreiheit, JBl 1994, 233 ff sowie 309 ff; Holoubek M., Grundrechtliche Gewährleistungspflichten, 1997, 365 ff.

          [89]      VfGH 14.03.2012, V 113/11, VfSlg 19633/2012 „Gesetzwidrigkeit von Bestimmungen der Gaststättenpauschalierungs-Verordnung; keine Vergleichbarkeit der von der Pauschalierung erfassten Betriebe; Typenvielfalt im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe; keine Rechtfertigung durch den Aspekt der Verwaltungsökonomie.“

          [90]      Siehe Fn 342.

          [91]      Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 2000, 1345, „[…] als Einfallstor für außerrechtliche Wertvorstellungen des jeweils zur Vollziehung des Gleichheitssatzes zuständigen Organs.“

          [92]      Pöschl M., § 14 Gleichheitsrechte, 520, Rz 1, vgl ebda Fn 1 „Schon Hans Kelsen, Österreichisches Staatsrecht, 1923, S. 50, sah im Gleichheitssatz einen „Gemeinplatz des politischen Liberalismus“, dessen Bedeutung vom verfassungsrechtlichen Standpunkt betrachtet „außerordentlich unklar“ sei;“.

          [93]      Ebda, Rz 2 mwNw.

          [94]      Berka, in: Kneihs, Lienbacher, Rill-Schäffer-Kommentar, Art 7 B-VG Rz 38.

          [95]      Vgl Pöschl M., § 14 Grundrechte; 520 mVwa »Ermacora/Klecatsky/Ringhofer, Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes im Jahre 1956, ÖJZ 1959, S. 1 (29), ist „der Gleichheitssatz […] von so vielen ideologischen Elementen durchsetzt, daß eine rein rationale Aussage […] darüber jedenfalls kärglich ausfallen muß“ (Hervorhebung im Original); Neisser/Schantl/Welan, Betrachtungen zur Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (Slg. 1967), ÖJZ 1969, S. 645 (648), meinen, der „Grad irrationaler Einflüsse“ nehme bei der Gleichheitsprüfung „im Lauf des Verfahrens der Beurteilung sukzessive zu“; Groiss/Schantl/ Welan, Betrachtungen zur Verfassungsgerichtsbarkeit, ÖJZ 1975, S. 365 (372), bezeichnen den Gleichheitssatz als „eine Pforte für das Eindringen von jeweils vertretenen Werten“. Besonders skeptisch auch Walter, Gleichheitsgrundsatz und Schadenersatzrecht, ZVR 1979, S. 33 (37), nach dem „alle Versuche, Gleichheit‘ zu bestimmen, damit enden, daß ,Gerechtigkeit‘ bestimmt werden muß. Wer meint, dies zu können, scheint hier in einer günstigen Position“; s. auch Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht (LitVerz.), RN 1348: „Die Grenzen rationaler Erkenntnis sind hier eng gesteckt. Eine kognitive Aussage über den Inhalt des Gleichheitssatzes ist nur in Grenzfällen möglich; in allen anderen Fällen erweist er sich als Einfallspforte für außerrechtliche Wertvorstellungen des jeweils zur Vollziehung zuständigen Organs“; Hengstschläger/Leeb, Grundrechte (LitVerz.), RN 7/6, wonach die Anwendung des Gleichheitssatzes „über weite Strecken von außerrechtlichen Wertungen und Ideologien bestimmt wird.“«

          [96]      Kelsen, Wesen und Entwicklung der Staatsgerichtsbarkeit, in: Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer, 1923, 50.

          [97]      Vgl Ermacora F., Quellen zum Österreichischen Verfassungsrecht (1920), Wien 1967, 339.

          [98]      VfSlg 19584/2011.

          [99]      VfSlg 19763/2013.

          [100]     Vgl etwa VfGH 13.12.2016, G 572/2015; so auch VfSlg 19853/2014, 19875/2014, 19881/2014, 19933/2014, 20047/2016 oder 20073/2016.

          [101]     VwGH 18.10.2012, 2010/04/0086 „Dass dabei allenfalls Härtefälle entstünden, mache das Gesetz nicht gleichheitswidrig; ebenso wenig könnten daher Einzelfälle einer Begünstigung die am Durchschnitt orientierte Regelung unsachlich machen (vgl. das Erkenntnis vom 10. März 2001, B 1651/99, VfSlg. 16.125 und die dort zitierte Rechtsprechung des VfGH).“

          [102]     VfSlg 9908/1983, 10.276/1984, 11.615/1988.

          [103]     VfSlg. 3595/1959, 5318/1966, 8457/1978, 11.469/1987, 11.615/1988.

          [104]     VfSlg. 8871/1980.

          [105]     VfGH 10.03.2001, B 1651/99, VfSlg 16.125.

          [106]     VfGH 06.03.2017, G 126/2016 (Kammerumlage).

          [107]     EuGH 26.11.2013, Rs C-50/12 P (Kendrion NV/Europäische Kommission), EU:C:2013:771, ABl C 2012/80, Rn 62: „Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts besagt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. insbesondere Urteil vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique und Lorraine u. a., C‑127/07, Slg. 2008, I‑9895, RandNr 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).“.

          [108]     Die verbindlich zu erreichenden Ziele des Sekundärrechts sind bei der Umsetzung in nationales Recht gem Art 288 Abs 3 AEUV jedenfalls einzuhalten.

          [109]     VfGH 06.10.2011, G41/10; VfGH 05.12.2008, G113/08, „Bindung des Gesetzgebers an die verfassungsrechtlichen Vorgaben bei der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht (Grundsatz der doppelten Bindung).“, vgl VfSlg 14.863/199.

          [110]     EUR-Lex, Summaries of EU Legislation 61964CJ0006 „Laut dem Grundsatz des Vorrangs hat das EU-Recht ein höheres Gewicht als das Recht der Mitgliedstaaten. Der Grundsatz des Vorrangs gilt für alle EU-Rechtsakte mit verbindlicher Wirkung. Die Mitgliedstaaten dürfen also keine nationale Rechtsvorschrift anwenden, die im Widerspruch zum EU-Recht steht. Der Grundsatz des Vorrangs gewährleistet, dass das EU-Recht ein höheres Gewicht als das nationale Recht hat. Er ist ein wesentlicher Grundsatz des EU-Rechts. Genau wie der Grundsatz der unmittelbaren Wirkung ist er nicht in den Verträgen festgelegt, wurde aber vom Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) anerkannt.“

          [111]     EuGH 15.07.1964, Rs 6-64 (Costa vs E.N.E.L.), Slg 01253 „absoluter Vorrang des Gemeinschaftsrechts“.

          [112]     Ebda mVw auf EuGH 15.071964, Rs C-6/64 (Costa vs E.N.E.L.).

          [113]     Gesetze, Verordnungen, Erlässe, Beschlüsse udgl.

          [114]     Ius respicit aequitatem. (lat); dt  „Das Recht achtet die Gleichheit“.

          [115]     Vgl etwa Kischel, EuGRZ 1997, 1 (3 ff.) Rechtsprechungsentwicklung zu Art 34 Abs 2 Satz 2 EGV nF oder Art 141 EGV nF.

          [116]     Vgl Ehlers in Ehlers, Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, § 14 Rn 9 aE.

          [117]     Höchstpersönliche subjektive Grund- und Freiheitsrechte und Bürgerrechte.

          [118]     Siehe dazu Glock S., Der Gleichheitssatz im Europäischen Recht – Eine rechtsvergleichende Analyse unter Berücksichtigung der Rechtsprechung in ausgewählten Mitgliedstaaten der Europäischen Union, des EGMR und des EuGH, Inaugural-Dissertation an der Justus-Liebig-Universität Gießen, Stuttgart 2007; siehe insb Der allgemeine Gleichheitssatz in Österreich, 75-88.

          [119]     EUV – Vertrag über die Europäische Union, stF: BGBl III Nr 85/1999, zuletzt geändert durch BGBl III Nr 171/2013.

          [120]     Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze,

          [121]     Borowsky in Meyer, Kommentar zur Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Auflage, facultas.wuv Verlag, Wien 2014, Art 52 Rn 13.

          [122]     Vgl Jarass, Bausteine einer umfassenden Grundrechtsdogmatik, AöR 1995, 346, 376 f (346-381).

          [123]     Vgl Pietzcker, Rechtsvergleichende Aspekte des allgemeinen Gleichheitssatzes, in: FS Götz, 301 (312).

          [124]     Vgl zur Schranken- und Gleichheitsproblematik im Detail Glock S., Der Gleichheitssatz im Europäischen Recht, Inaugural-Dissertationsschrift im Fachbereich Rechtswissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen, Stuttgart 2007, 231 ff.

          [125]     Etwa Gesetzesvorbehalt nein und Verhältnismäßigkeitsprüfung ja.

          [126]     PE 6 – 3000 – 31/17 (Ausarbeitung des Deutschen Bundestages) „Art. 26b Richtlinie 2001/18/EG räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, den Anbau von GVO in ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen.“.

          [127]     EuGH 19.10.1977, Rs 117/76 und 16/77 (Ruckdeschel), Slg 1977, 1753, Rn 7.

          [128]     Huster St., Gleichheit im Mehrebenensystem: Die Gleichheitsrechte der Europäischen Union in systematischer und lompetenzrechtlicher Hinsicht, 3. Der allgemeine Gleichheitssatz, in EuR, Nomos Verlag 2021 uVwa Odendahl in Heselhaus/Nowak, Fn 42, § 43 Rn 9 und § 45 Rn 70.

          [129]     Bundesverfassungsgesetz vom 3. Juli 1973 zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, stF: BGBl Nr 390/1973.

          [130]     VfSlg 17.101/2004.

          [131]     Universitätsgesetz, StF: BGBl I Nr 120/2002, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 20/2021.

          [132]     Siehe auch Hochschulgesetz 2005, stF: BGBl I Nr 30/2006, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 20/2021.

          [133]     VfGH 29.6.2013, G 35-40/2013.

          [134]     Das kann va bei Fragen der Eingriffshaftung iSd § 364 von Bedeutung sein.

          [135]     Vgl Binder/Trauner, Öffentliche Rechtsgrundlagen3, Rn 497.

          [136]     Pöschl M., Grundrechte, § 14 Rz 35, 537 uVwa VfSlg 8539/1979, „wonach es dem Gesetzgeber freisteht, haushaltsangehörige Arbeitnehmer der Landwirtschaftskammer oder der Landarbeiterkammer zuzuordnen: Ihre Interessen als Arbeitnehmer stehen zwar einerseits jenen des Arbeitgebers gegenüber, andererseits wird die zwischen Angehörigen an sich schon bestehende Interessenparallelität durch die Haushaltsgemeinschaft mit dem Arbeitgeber noch verstärkt. Ähnlich VfSlg 12.021/1989 zur kammerrechtlichen Zuordnung der Berufsanwärter der Wirtschaftstreuhänder.“

          [137]     Vgl EuGH 25.07.2018, Rechtssatz 1 zu Art 2 Nr 2 der Richtlinie 2001/18/EG.

          [138]     Anm: Die Begriffe Biokarotte und Biowaffe enthalten auch beide das Wort »Bio«. Nicht alle BSN-Verfahren sehen eine Modifizierung des Erbgutes (Mutationsbegriff) vor.

          [139]     Siehe dazu die Aulegung des Wortlauts „unter anderem“ in Anh 1 Teil 1 FRL iSd Art 2 Z 2 lita) in der Rs C-528/16, Rn 35. In der L bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, ob der Ausnahmetatbestand gem Anh I B Z 1 FRL demonstrativ oder taxativ zu verstehen sei.

          [140]     RIS-Justiz RS0053959 „Wesentliche Unterschiede im Tatsachenbereich müssen zu entsprechenden unterschiedlichen Regelungen führen (VfSlg 8217, 8806).“

          [141]     Siehe dazu Pöschl M., Verfassungsrechtliche Gleichheit, arbeitsrechtliche Gleichbehandlung, unionsrechtliche Antidiskriminierung, in: DRdA 2013, Kap 2.1.2.2. Gleichheit durch das Gesetz, 469 (467-483) mVwa „StRsp VfGH 1956 VfSlg 2.956/1973 VfSlg 7.059/1982 VfSlg 9.455/2004 VfSlg 17.315/2004. Das allgemeine Sachlichkeitsgebot, das die Judikatur dem Gleichheitssatz ebenfalls entnimmt, kann für die Zwecke dieser Untersuchung außer Betracht bleiben, zu diesem näher Pöschl, Gleichheit 260 ff“, 469 Fn 18.

          [142]     StRsp VfGH 1956 VfSlg ebda; zum allgemeinen Sachlichkeitsgebot vgl Pöschl M., Gleichheit 260 ff.

          [143]     GBK 11.09.2018, I/645/15-M (Einzelfallprüfungsergebnis) uVwa VfGH VfSlg 12.333 in Fn 3 und auf VfSlg 11.641, 13.477; VfGH 19.6.1995, G 1319/95 in Fn 4.

          [144]     So etwa Spranger oder Krämer, Kap II.B.3.e) »Mutagenese«, 35 ff, Kap II.B.3.j) »CRISPR/Cas9 und zielgerichtete natürliche Mutationen«, II-41 ff, Kap II.B.4 »Problematik der Off-target-Effekte«, II-48 ff, Kap VI.G »Auslegung von GVO und GVO-analoger Begriffe« VI-142 ff.

          [145]     Ebda.

          [146]     Dbzgl besteht zweifelsfreier Einklang innerhalb der naturwissenschaftlichen Lehre.

          [147]     Vgl dazu abstrakt und generell formuliert Pöschl M., Gleichheit, Gleichbehandlung, Antidiskriminierung, DRdA, 6/2013, Dezember, 349.

          [148]     Kap VI.J.4.a) »Vorsorgeprinzip«, 92 ff.

          [149]     Dem Untersuchungsergebnis ein wenig vorausgreifend ist davon auszugehen, dass der wesentliche Unterschied beider Verfahren sowohl in der Quantität als auch in der Qualität der Off-target-Effekte gelegen ist.

          [150]     Anders § 2 Abs 2 Z 4 GTG, der von Haus aus nur „Verfahren der ungerichteten Mutagenese“ vom Anwendungsbereich ausschließt.

          [151]     UU Haftungsprüfung nach § 2 B-UHG (Umwelthaftungsrichtlinie 2004/35/EG) iVm Anh 1 (gesundheits- oder umweltschädliche Produktionsbedingungen).

          [152]     Kap XIV.C »§ 1311 Satz 2 Fall 2 ABGB (Schutzgesetz)«, XVII-500 ff,

          [153]     „εἶπέν τις ἐξ αὐτῶν ἴδιος αὐτῶν προφήτης· Κρῆτες ἀεὶ ψεῦσται, κακὰ θηρία, γαστέρες ἀργαί.“, Die Lügner-Antinomie in Titus 1,12, Lutherbibel (Gegen die Irrlehrer).

          [154]     Siehe Ausführungen im Detail bei Hiesel M., Die aktuelle Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zum Gleichheitssatz, AnwBl 2018/174, 503 ff.

          [155]     Paradoxe Antinomien unterscheiden sich von (chemischen) Bivalenzen (Zweiwertigkeiten), was gerade bei der Bewertung neuer, moderner BSN zu bedenken ist.

          [156]     Vgl dazu EBRV BlgNr XXIII. GP, Vorblatt und Erläuterungen, 1-18, „Die Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung (Umwelthaftungsrichtlinie) zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden schafft einen einheitlichen Ordnungsrahmen für Umweltschäden in Gestalt eines öffentlich-rechtlichen Haftungsregimes. Ausgehend von dem in Art. 174 Abs. 2 EGV normierten Verursacherprinzip soll derjenige, der durch seine Tätigkeit einen Umweltschaden oder die unmittelbare Gefahr eines solchen herbeiführt und derart bestimmte geschützte Umweltgüter schädigt, die Kosten der erforderlichen Vermeidungs- und Sanierungsmaßnahmen tragen. Die Umwelthaftungsrichtlinie sieht überdies eine sich aus der Aarhus-Konvention ergebende Einbindung der von einem Umweltschaden betroffenen Personen sowie die Gewährung von Rechtsschutz vor.“

          [157]     Vgl ErwG 2 RL 2004/35/EG.

          [158]     Diese Differenzierung ist in Anbetracht der unterschiedlichen Gefahrenpotenziale der DIY-Bio nicht mehr sachgerecht. Hins des in § 1 B-UHG normierten allgemein gefassten »Verursacherprinzips« scheint die in § 2 B-UHG vorgenommene Einschränkung des Grundsatzes auf die in Anh 1 angeführten beruflichen Tätigkeiten gleichheitswidrig. Es besteht kein sachlich begründbarer Rechtfertigkeitsgrund.

          [159]     Ein Abgehen vom Enumerationsprinzip durch die Rsp hin zu einer weiten analogen Anwendung von Gefährdungstatbeständen auf strukturell naheliegende Sachverhalte birgt die Gefahr in sich, dass eine derart geschaffene Generalklausel, zur Untätigkeit des Gesetzgebers* führt. Nationalen Alleingangstendenzen in Sachen analoger Anwendung der Gefährdungshaftung für Individualschäden, stünde der Rsp Deutschlands und der Schweiz entgegen und erschwerte die Umsetzung der notwendigen Harmonisierung des Zivilrechts und auf Unionsebene. Aber auch das Umwelthaftungsrecht ist keine österr Domäne, sondern wird durch eine Fülle an nationalen, europäischen und internationalen Rechtsakten bestimmt und befindet sich in einer laufenden Entwicklung.

          [160]     Der Versicherungsmarkt bietet keinen Versicherungsschutz für DIY-Biologinnen*, die im Rahmen des GTR tätig werden..

          [161]     Arg: „[…] Wird die Tätigkeit nicht mehr ausgeübt und kann der bisherige Betreiber nicht mehr herangezogen werden, tritt an seine Stelle der Eigentümer (jeder Miteigentümer) der Liegenschaft, von der die Schädigung ausgeht, sofern er den Anlagen oder Maßnahmen, von denen die Schädigung ausgeht, zugestimmt oder sie freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat.“

          [162]     S dazu den Novellierungsauftrag des B-UHG für bestehende, behördlich genehmigte Betriebsanlagen aufgrund des Urteils EuGH 22.02.2018, Rs C-529/17 P („Folk“), [T-427/16 bis T-429/16 anhängig!].

          [163]     Vgl Pöschl M., Verfassungsrechtliche Gleichheit, arbeitsrechtliche Gleichbehandlung, unionsrechtliche Antidiskriminierung, Fn 20: vgl VfGH 1987 VfSlg 11.368/1997 VfSlg 15.04082007 VfSlg 18.100/2009 VfSlg 18.894/2010 VfSlg 19.158/2012 VfSlg 19.666/2012.

          [164]     Vgl ebda, Fn 20 „Gewisse Einschränkungen können sich nach der Judikatur aber aus Gründen des Vertrauensschutzes ergeben.“; näher VfGH 1960 VfSlg 3.836/1987 VfSlg 11.309/1997 VfSlg 14.846/2002 VfSlg 16.764/2004 VfSlg 17.254/2006 VfSlg 18.010/2006.

          [165]     So auch Jens Kahrmann, Stabsstelle „Juristische Angelegenheiten der Gentechnik“, BVL, 14.Februar 2017.

          [166]     Art 7 Abs 1 B-VG und Art 2 StGG 1867. Würden zwei im Wesentlichen idente Sachverhalte in wesentlich unterschiedlicher Weise unverhältnismäßig ungleich behandelt, läge ein Verstoß gg den allgemeinen Gleichheitssatz vor.

          [167]     Im vorliegenden Fall legt – wie noch aufgezeigt wird – ein derartiger Verstoß gg den allgemeinen Gleichheitssatz vor.

          [168]     Vgl Pöschl M., 469 mVwa „ZB VfGH 1987 VfSlg 11.368; 1997 VfSlg 15.040; 2007 VfSlg 18.100; 2009 VfSlg 18.894; 2010 VfSlg 19.158; 2012 VfSlg 19.666.“ in Fn 20.

          [169]     Vgl Tretter H., Grundrechte in Österreich, Eine Einführung, Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien, 2007, 11(64).

          [170]     Zufallsmutation vs Punktmutation.

          [171]     EBRV 1465 BlgNr XVIII. GP – Regierungsvorlage, zu § 2 Z 4, 47 „[…] Alle durch Verfahren der ungerichteten Mutagenese erzielten genetischen Veränderungen können somit auch auf natürliche Weise vorkommen.“.

          [172]     GVP aus ungerichteten Mutagenese-Verfahren weisen so viele genetische Off-target-Mutationen auf, die durch nachträgliche biologische Rückkreuzungen nicht völlig herauszufiltern sind, weshalb dann die Endprodukte nicht bioident (substanziell äquivalent) sind.

          [173]     Vgl etwa Datenschutz-Anpassungsgesetz – Wissenschaft und Forschung (WFDSAG 2018), 6/SN-10/ME XXVI. GP – Stellungnahme zu Entwurf (elektr. übermittelte Version).

          [174]     Drittwirkungsproblematik: Kap III.A »Zwischen Forschungsfreiheit und staatlichen Schutzpflichten« V-3 ff.

          [175]     Ad Zuständigkeit: VfGH 24.06.1994, G 20-23/94; siehe auch VfSlg 11.287/1987; VfSlg 15.106, VfSlg 15.106/1998.

          [176]     Durner W., Allgemeines Verwaltungsrecht, Universität Bonn, 2018 „Nach der Schutznormtheorie verleiht eine Norm subjektive Rechte, wenn sie neben dem Schutz öffentlicher Interessen zumindest auch dazu bestimmt ist, dem Interesse einzelner Personen oder Personengruppen zu dienen.“

          [177]     Siehe dazu auch bei Pöschl M., Subjektive Rechte und Verwaltungsrecht, in ÖJT, Manz Verlag, Graz 2006, 15 ff; Wagner E., Grundlagenstudie zur Aarhus Konvention – Umweltanwaltschaften als Instrument der Umsetzung fairer, rechtssicherer und effektiver Umweltverfahren, Studie an der JKU Linz 2017, 31 (129).

          [178]     Pöschl M., Subjektive Rechte und Verwaltungsrecht, 15 uVwa ZB VwSlg 9151 A/1976, VfSlg 12.838/1991; Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht (2003) Rz 1137; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensreche (2005) Rz 85; Grabenwarter (FN 1) 21.

          [179]     Vgl ebda Fn 242 f: EuGH KOM (2017) 2616 final Rn 48ff und auf die Kommission KOM (2017) 2616 final Rn 52.

          [180]     Vgl ebda mVwa KOM (2017) 2616 final Rn 54.

          [181]     Kap VI.J.4.a) »Vorsorgeprinzip«, IX-121 ff; Art 191 Abs 2 insb Satz 2 AEUV (ex-Artikel 174 EGV); § 3 Z 1 GTG; § 3 B-VG (verfassungsrechtliche Verankerung)

          [182]     Mayer/Kuckso-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht, 11. Auflage, Rn 1420 ff.

          [183]     Aarhus Konvention (AK) – Übereinkommen von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten samt Erklärung; stF: BGBl III Nr 88/2005.

          [184]     EMRK 20.3.2008, Kammer I, 15339/02, 21166/02, 20058/02, 11673/02 und 15343/02 (Budayeva u.a. gegen Russland); EMRK 30.11.2004, 48939/99, Große Kammer (Öneryildiz gegen die Türkei).

          [185]     VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.

          [186]     Verordnungs- oder Gesetzesprüfung.

          [187]     ZB VwGH 26.2.2003, 2000/03/0328.

          [188]     Weiterführend: Pöschl M., Wirtschaftliche Interessen und subjektive Rechte, FS Wimmer 2007, 494 (497 f).

          [189]     Pöschl M.,Subjektive Rechte und Verwaltungsrecht, in ÖJT, Manz Verlag, Graz 2006, 21 f;

          [190]     144/A XX. GP – Initiativantrag (Petrovic).

          [I]                      http://www.jura.uni-freiburg.de/de/institute/ioeffr2/silja-voeneky